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wenn so die große Angst auf dich einstürmt, dann denke daran, o Mensch: Gottes Name ist ein Schloß, viel, viel zu hoch, als daß es erstiegen und Gottes Name ist so mächtig, viel zu mächtig, als daß er begriffen werden könnte.

 Wie kann ich dann meiner Zweifel Herr und meiner Sorge los werden? Ich kenne kein anderes Mittel, als daß ich ins Heiligtum gehe und bete, mich zurückziehe von mir selbst und den Saum seines Gewandes anrühre, in all den Rätseln zu meiner Seele sage: warte ein wenig; du begreifst nicht, aber du wirst es hernach erfahren! Viel zu hoch, als daß Er begriffen werden könnte, darum zweifle nicht!

 Siehe, denke an dein eigenes Leben! Auch in diesem deinem Leben war gar vieles viel zu hoch, als daß du, der du jetzt seinen Wegen nachsinnst und seinem Gange nachsiehst, es begreifen möchtest. Er hat dich wunderlich, merkwürdig, eigenartig, vielleicht sogar ganz ungemeint geführt. Aber mein Geist muß Dir das Zeugnis geben, daß Du mich wirklich wohl geführt. Und jetzt nach vielen Jahren vielleicht mußt du sagen: wo ich hätte anders geführt werden wollen, da muß ich nun meinen Mund in den Staub stecken und sagen: Du hast alles wohlgemacht! Ich strauchelte oft, aber Deine Hand hielt mich; ich habe viel gezweifelt, aber Deine Treue wachte über mich, oft gefragt, ob gerade diese Wegwendung mich nicht ganz von Dir scheide und siehe, gerade diese Wendung des Weges brachte mich Dir und Dich mir näher.

 Viel zu hoch, als daß ich es begreifen möchte! Luther hat als letztes Wort bekanntermaßen geschrieben – auf einem losen Zettel, den man zwei Tage nach seinem Tode auf seinem Schreibtisch fand: Wir sind Bettler, das ist wahr!.... Folge anbetend den Spuren: Der Gerechte läuft dahin und wird beschirmt.

 Anbetend ihren Spuren! Ja, viel zu hoch, als daß Er ergründet werden könnte, als daß meine Gedanken ihn