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Gott in das Glück und in den Ernst einer Familie geführt hat. Wenn der Vater die Woche über in Amt und Beruf festgehalten war, soll er sich am Sonntag antun und seinen Kindern leben und ihnen sein Herz zeigen mit den Gebeten der Woche und mit der Arbeit für das Wohl seines Hauses; die Kinder sollen das entwölkte und sorglose Antlitz des Vaters sehen, sollen sehen, wie er von Grund der Seele aufjauchzt, daß er heute ganz dem Sonntag gehören darf. Und wenn die Mutter frühzeitig ihre Kinder an den Sonntag und den Sonntagsgottesdienst gewöhnt, so ist das ein großes Ding.

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 Ich rede nicht über den Kindergottesdienst, obwohl ich mein persönliches Bedenken hierüber nicht unterdrücken kann. Ich freue mich über alles, was noch imstande ist, dem nachwachsenden Geschlechte Gottes Wort näher zu bringen. Aber es ergreift mich doch immer ein Weh, wenn ich die Kinder so allein da an den Toren der Kirche stehen sehe. Kein Vater hat sie an die Hand genommen, um mit ihnen ins Gotteshaus zu gehen; keine Mutter hat sie hierher geleitet. Und manchmal will mich’s bedünken, als ob der Kindergottesdienst ein Mittel wäre, die Kinder für einige Stunden loszubringen vom Hause am Sonntag vormittags. Wenn aber die Mutter schon frühzeitig ihre Kinder an der Hand nimmt und sie zum Kirchgang anleitet und sich nicht durch das törichte Gerede verführen läßt: das Kind versteht ja von der Predigt noch nichts, dann tut sie ihren Kindern einen großen Dienst der Gewöhnung. Denn wer in der Jugend das Kirchengehen nicht gelernt hat, lernt es in späteren Jahren nicht mehr. Und wie schön ist es – und auch die Großstadt kann dieses schöne Bild nicht ganz verdrängen – wenn Vater, Mutter und Kinder gemeinsam ins Haus des Herrn gehen. Dann klingen die kleinen Verdrießlichkeiten der Woche aus und über die Schwelle des Gotteshauses gehen die bösen Geister