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 Im letzten Grunde aber, verehrte Damen, ist doch das die eigentlich bildende Kraft, daß man sich in engeren Kreisen verstehen lernt. Wenn Sie für die Erschließung weiterer Bildungsgelegenheiten als Korrelate und Korrektive zugleich die Ermöglichung engerer Familienkreise ins Auge fassen, werden Sie ein großes Werk tun. Sehen Sie auf die studierenden Jungfrauen, wie sie so ohne Anschluß Weihe und Weiblichkeit verlieren, denken Sie an das große Heer der Literatinnen, der Künstlerinnen, alle Ehren und Würden ungeschmälert, wie sie, damit nicht Unnatur die Natur vertreibe, alle nach familiärem Zusammenschluß sich sehnen; das belebende Feuer sei immer ein aus der Weite wieder in die Enge lockendes und ladendes: Weiterbildungsmöglichkeiten und enge Freundeskreise, weite Ziele und treue Bewahrung auf dem Weg zu ihnen, indem Sie Großes anstreben, vergessen Sie, ich bitte, das Größte nicht!

 Und dieses belebende, anzündende Feuer sei zugleich ein erwärmendes. Ich möchte sagen, je mehr ein Mensch seine Persönlichkeit mit ihren Fehlern und Gaben, mit ihrem heiligen Ernst und ihrer in Christo ungebrochenen Natürlichkeit zur Geltung bringt, desto mehr wirkt er. Lassen Sie in diesen Tagen, die so oft mit Resolutionen gearbeitet haben, Ihr persönliches Interesse immer hervortreten! Wenn die einzelne Frau die persönliche ureigene Wärme ihres Interesses, die aufrichtige Erschlossenheit für allerlei Leid zum Wort kommen läßt, so wirkt sie wahrhaft sozial. Man werfe an einer Stelle in den See den Stein: der Kreis, den er erstmalig beschreibt, ist ganz eng, dann wird er immer größer, und die Kleintat eines Momentes wirkt in die Weite, in die Ferne. Was Sie an persönlicher Teilnahme Ihrem Geschlecht und Ihrer Zeit darbringen, das ist wirklich etwas von diesem heimatlichen und heimlichen Feuer, das anzuzünden der Herr Christus gekommen ist.

 Ich möchte dabei einige Gesichtspunkte hervorheben. Zuerst die Jugendpflege. Ich gedenke nicht auf die Fragen einzugehen, die mit bekannten Namen verknüpft sind, ich nenne nur Helene Stöcker und stelle nicht die Frage über Mutterschutz hier zur Diskussion, aber gehen Sie hinein in die Hütten der Armut, um der armen jungen Kinder sich in mitleidiger Liebe anzunehmen, denn so sehr ich alles Anstaltliche für die Kleinen segne, ihr Ideal, meine ich, bleibt doch, daß sie sich selbst überflüssig machen. Suchen Sie in den Familien wieder den Ernst für die Pflege der Kinder zu erwecken; rufen Sie den Müttern ins Gedächtnis, welche Aufgaben sie haben nicht nur für das leibliche, sondern auch für das seelische Leben ihrer Kinder! Schärfen Sie das Gewissen, treten Sie mahnend und warnend auf. Es müssen nicht immer ärztliche und psychologische Ratschläge