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größte Heiligung, wenn ich im eigenen Herzen streng und treu werde. Weil ich meine eigene Versuchung kenne und die schweren Anfechtungen im eigenen Sinn, will ich umso barmherziger und freundlicher mit den anderen reden. Ueber 100000 im deutschen Reich, über hunderttausend weibliche Wesen leben – polizeilich bekannt – vom Dienst des Lasters, ihre Gebeine bleichen in der Wüste und über dem Leben der von Christo Getauften und Erkauften steht: Ihr habt nicht gewollt. Ach, wenn ich aus der allzu reichen Erfahrung meines amtlichen Lebens erzählen möchte und dürfte! Nur eins lassen Sie mich nennen: Der Inhaber eines furchtbaren Hauses in einer großen Stadt hat an manchen Tagen von seinem schauerlichen Tun und Dulden einen Reingewinn von 900 Mark! Und mit diesem Judasgeld und Schandlohn geht der Christ aus unserem Volk von dannen und weist dann mit pharisäischem Hochmut auf die Gefallenen, Verkauften und Lustdirnen! Ihre Opferer gehen frei einher, die sie überantwortet haben, werden nicht verworfen, die Männer, die schnöde genug waren sich so schmählich zu vergessen, stehen oft in Würden, Ehren und Ansehen. Manche Jungfrau aber hat nicht den Mut, ihr Leben eher in Einsamkeit verbringen zu wollen, ehe sie sich einem erschließt, der nicht vorher reines Lebens war. Ja, die ernsten Eltern unserer Töchter sind unsinnig genug, ihre armen Kinder an solche mit Frauenehre spielende Missetäter zu geben, als ob das eine glückliche Ehe werden könnte, wenn der eine Teil unrein und gebrochen zu ihr schreitet. Hier ist eine Aufgabe: flammendes Zeugnis heiligen Ernstes, ernster Tadel dieser doppelten Moral, aufrichtige Verweisung all dieser Unwahrheiten! Aber noch einmal: dem verkauften Volk ein herzliches Erbarmen! Es ist ja doch Ihr Geschlecht, auch im Staube, es trägt auch diese Münze des himmlischen Königs heiliges Gepräge, suchen Sie im Staub und erbarmen Sie sich! Das verzehrende Feuer gelte der Sünde und das wärmende dem Sünder!

 Ich bin gekommen ein Feuer anzuzünden auf Erden. – Nun wendet sich der Herr, nachdem er seine hausväterliche Pflicht erfüllt und auf schlichtem Herde seines Lebens und Wandels die heilige Flamme entzündet hat, zu uns und sagt betend, hoffend, in heiliger Ungeduld sich zu verzehren bereit: Was wollte ich lieber, denn es brennte schon!

 In dieser Abendstunde, da Sie, verehrte Anwesende, sich zu ernster treuer Mildigkeit in Arbeit und Mahnung zusammengeschlossen haben, in diesen Tagen, da Sie bedeutsamen Aufgaben nachsinnen, tritt der größte aller Missionare, der Seelsorger ohnegleichen und ohne Ende, in Ihre Mitte und spricht: Was wollte ich lieber, denn es brennte schon! Sein Apostel schreibt einmal: Erwecke die Gabe, die in dir