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Ähre das Feld reif zur Ernte sah, bei der Torheit und Verzagtheit der Jünger von solchen sprach, die bei ihm in Anfechtungen verharrten? Im Glauben hat er die Last der Gottesferne getragen und durch das furchtbare Weh der Gottverlassenheit sich durchgerungen, bis es um den Abend licht ward: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“. Tiefsinnig heißt es von ihm, er habe im Leid Gehorsam gelernt, Glauben geübt. Darum kann er sanftmütig lehren und demütig stärken. Herzog des Glaubens! Teure Väter und Brüder, dieses Wort töne wie aus dem oberen Heiligtum in unsere Arbeitswoche hernieder, klinge in dieses Kampfesleben friedvoll hinein! Wir sind nicht und nie allein, dem Einzelkampfe wie dem Leid der Gesamtkirche steht er nahe, Anfänger, Fürbitter und Vollender.

 Denn wir träumen nicht von einem Fortschritt in die Unendlichkeit hinein, von einem Strom, der in das weite Meer sich verliert, sondern wir hoffen auf Vollendung als Ziel des Fortschrittes, als Krönung des Glaubens. Jesus, der Anfänger des Glaubens muß, wenn Gott die Wahrheit ist, das gesamte Glaubensleben und seine Wahrheit zur Höhe des Besitzes der Wirklichkeit führen, den Glauben, diese Überzeugtheit von Ungeschautem durch das Schauen seiner Richtigkeit überführen, denn der Anker (Hebr. 6, 19. 20.) des Glaubens geht nicht in die Leere der Vorstellung, sondern sinkt in den Felsgrund der Tatsachen. Diese sind geschehen, um täglich zu geschehen und endlich gesehen zu werden. Der Herzog der Seligkeit, durch Leiden vollkommen gemacht, (Hebr. 2, 10) hat verheißen, uns alle nach sich zu ziehen. Wie er den Erben das Erbe verhieß, so soll das Erbe nicht ohne Erben bleiben. Über Zeit und Raum, durch Streit und Not führt der Herzog seine Scharen dem vollkommenen Siege zu: aller Glaubensernst fordert, verbürgt, empfängt die Freude des Schauens.

 Im Lichte dieser Gewißheit, die im Wort der Wahrheit versichert, im Wesen des Christentums begründet ist, geht die Kirche Jesu Christi ihren Leidensweg durch die Zeiten. Was sichtbar ist, das ist zeitlich und fällt mit der Zeit dahin, darum ist auch ihre Trübsal leicht, sie währt nur einen Augenblick. Aber was unsichtbar ist, das ist ewig und über die Maßen herrlich. Inmitten der Angst und der Schuld sieht sie den Herrn, dem sie dient, zu sich treten: Weine nicht, siehe ich habe überwunden, der Löwe aus Juda. Und nach dem heiligen Naturgesetze Seines Reiches, das ihn in ihr Leid hinabzog, weiß sie sich in seine Herrlichkeit hinaufgezogen. –

 Was ist das Ende des Glaubens? Die Anschauung von Angesicht zu Angesicht. – Was ist die Krönung des Glaubenslebens?