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und sein Sohn Paul zu Gebot gestellt werden, daß er wider die Türken ziehe. Die Beichtväter in der Nähe Karls V., welche, lutherischer Neigungen verdächtig, der Inquisition verfielen, mögen es ihm bezeugt und der Bayernherzog Wilhelm IV., nach anderen sein eigener Bruder Ferdinand, bewiesen haben, daß die Evangelischen „den Artikel von weltlicher Obrigkeit“ hochhalten, wie es der 15. Artikel ihres Grundbekenntnisses und die Auslegung beider, des 4. Gebotes und der 4. Bitte, ausweisen. Aber die Loyalität ward nicht zum Byzantinismus. Ein Byzantiner schreibt nicht davon, daß er den Kurfürsten mehr schützen könne, denn dieser ihn und daß dieser nichts gesehen habe, weil er nichts glaubte, ein Byzantiner buhlt um Fürstengunst und trachtet in ihre wärmende Nähe zu kommen. Einmal wollte und sollte Luther seinem fürstlichen Gönner nahen: es war der Weg zum Sterbenden. Noch ehe er hinkam, war Friedrich der Weise entschlafen. Wenn man aber die beiden Leichenpredigten (Parentationen) zu Ehren seines treuesten Schutzherrn, Johann des Beständigen († 16. August 1532) liest, die Luther wiederholt weinend wie ein Kind am 18. und 21. (?) August gehalten hat, staunt man über die Freimütigkeit, mit der „unser liebes Haupt“ beurteilt, aber auch über die Ruhe und Unbekümmertheit, mit der des Kommenden und Johann Friedrichs gedacht wird. „Unter seinem Schutz und Schirm haben wir bisher in gutem Frieden gesessen und aus seinen Händen das liebe Brot gegessen. Nun wird hinfort ein anderes Regent und Regiment, und niemand weiß, wie es geraten soll. Unser lieber Herr ist ein sehr frommer, freundlicher Mann gewesen, ohne alles Falsch, in dem ich noch nie einigen Stolz, Zorn noch Neid gespüret habe, der alles leichtlich tragen und vergeben konnte und mehr denn zu viel milde gewesen ist. Ob er im Regiment auch gefehlt hat, wie sollte man ihm tun? Ein Fürst ist auch ein Mensch und hat allenthalben zehn Teufel um sich her, wo sonst ein Mensch nur einen hat.“ Aus dieser Loyalität heraus, die um Gottes willen die Obrigkeit ehrt, warnt er vor unreifer und leichtsinniger Kritik ihrer Maßregeln. Wenn wir sehen, daß Regenten straucheln, sind wir bald da, meinen: „Ei, so wollte ichs machen und so, und sollten wohl den Karren recht in den Kot hinein führen oder gar über und über werfen, wenn wir regieren sollten. Daß uns niemand kann recht tun, und sind doch selbst nie recht worden.“ Und mit heiligem Ernste mahnt er: „So wir mehr für die Obrigkeit zu Gott redeten als wider sie zu Menschen, wäre es ihr und uns nütze.“