gleichen würde, dann, weil es sich empfehle, den wirklich Jungen Platz zu machen“. Der Fall wurde staatsmännisch und besonnen erörtert. Eberling schäumte.
So näherte sich die Zeit des Debüts. Was Schaumschlager seinem Zöglinge an Kunst und Künsten hatte beibringen können, das hatte er ihm beigebracht. Aber wie nun die Entscheidung heranrückte, kam die Angst der Anfänger in dem armen Jungen schrecklich zum Ausbruche. Hier in dieser selben Stadt, die seine elende Jugend gesehen, wo er zu den Letzten und Dürftigsten gehörte, hier sollte er plötzlich zu Worte kommen vor den Reichen und Vornehmen, vielleicht gar vor dem Herzog. Denn er war ein demüthiger Mensch, und da er bisher seinen Weg nicht hatte erkämpfen müssen, war er auch noch gut. Boshaft und grausam wird man ja erst in der Schlacht. Seinem angebeteten Meister wagte er nichts zu sagen von den Todesängsten, von den Fieberträumen. Aber Schaumschlager sah überrascht und beklommen auf den letzten Proben, daß Meier sich zusehends veränderte. Wohl saß ihm die Zucht eisern in den Gliedern, aber etwas Fremdes, Neues war hinzugekommen. Was? Schaumschlager bebte bei dem Gedanken, daß die ganze schwere Mühe verloren sei. Das wäre bitter. Noch bitterer, daß dann Herr Eberling in die aufgegebene Position einrücken würde.
An das Bitterste hatte Herr Schaumschlager keinen Augenblick gedacht. Und gerade das blieb ihm nicht erspart: Meier’s Erfolg! Gleich am ersten Abend entschied sich das. Wer darüber genauer unterrichtet sein will, der lese die Recensionen im „Unabhängigen“ oder in der „Volkesstimme“ nach. Meier debütirte in der Rolle, die Schaumschlager am Jubiläumstage gespielt hatte. Wie er sie spielte? „Sieghaft!“ schrieb ein Kritiker. Und thatsächlich
Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/219&oldid=- (Version vom 1.8.2018)