fügte sogar einige Bosheiten aus Eigenem hinzu; doch machte Joseph Müller in seinem Innern auch dafür den Hanswurst verantwortlich, weil er die strohgelbe Jungfer noch liebte und sich ihre Herzlosigkeit nicht eingestehen wollte. Als nun der Spaßmacher am andern Morgen wieder mit seinen Albernheiten kam, verabreichte Müller ihm eine solche Tracht Prügel, daß ihm die Schwarten knackten. Man trug den windigen Kerl für leblos hinaus auf den Hof, wo er sich übrigens bald erholte. Joseph Müller ging hierauf beruhigt an seine Arbeit, umgeben von einer gewissen Achtung der Genossen. Ein Paar Stunden später rief ihn der Meister ab; es waren zwei fremde Herren da, die vom lenkbaren Luftschiff gehört hatten und mit ihm reden wollten. Bereitwillig und feurig setzte Joseph Müller ihnen Alles auseinander. Die Sache gefiel ihnen sichtlich, und sie baten ihn, sie zu begleiten. Er stieg in ihren Wagen, und sie fuhren mit ihm nach dem Irrenhause.
Es gab dort noch andere Erfinder von lenkbaren Luftschiffen, und Joseph Müller befreundete sich mit ihnen herzlich und überlegen. Er hörte ihre krausen Reden geduldig an. Seinen eigenen Fehler hatte er rasch eingesehen: ein Erfinder, wie er, durfte keine heftigen Aufwallungen haben; denn wer etwas Großes plant, dem nehmen die Menschen Alles übel. Wegen einer derartigen Prügelei wäre ein anderer Geselle sicher nicht in den Narrenthurm gekommen. Zum Glück hatte Joseph Müller eine bedeutende Heiterkeit in seinem Gemüthe. Er trug das Schicksal gelassen. Gern fütterte er im schönen Irrengarten die Vögel, lauschte ihrem Gesang der frühen Sommerszeit und beobachtete ihre Art, zu fliegen, wobei er auf einige Verbesserungen seiner Maschine gerieth. Den Aerzten wußte er freilich allmählich die Meinung beizubringen,
Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)