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ein, daß ich es nicht ändern könne, und nahm die zehntausend Pfund Abfindung wie ein Philosoph hin …

Ich theilte dieses Geld in zwei Theile. Die eine Hälfte habe ich an der Börse verspielt, mit der anderen, besseren Hälfte war ich ein Jahr lang lustig in Paris. Sehr lustig. Das hat mich auch von der Geraldini geheilt – derart gründlich, daß ich mich erstaunt fragte, wieso ich denn diesem Anfall erliegen konnte. Sehen Sie, mein Lieber, ich wußte es lange nicht, ich weiß es erst jetzt. Nicht ihre Vorzüge, sondern jene beiden Spanier hatten mich in die Geraldini verliebt gemacht. Ich begehrte sie, weil sie von Anderen begehrt wurde. Das ist die lächerliche Gewalt, die das Urtheil der Anderen auf das meinige übt. So werden die großen Männer und die schönen Frauen gegründet … Es ist spät. Wir wollen nach Hause gehen … Ja, noch Eins: Wenn jemals in Ihrer Gegenwart die Vollendung eines Werkes, der Geist eines Mannes oder die Schönheit einer Frau gepriesen wird, dann sehen Sie sich den Sprecher genau an. Er ist entweder ein Schafskopf oder ein Impresario.“

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Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/70&oldid=- (Version vom 1.8.2018)