Seite:Hoffmann Fantasiestücke in Callots Manier Bd.1 1819.pdf/68

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sagen, dem man, indem er ein Ideal mahlte, lauter heterogene Fratzen-Gesichter vorhalten wollte! Schlösse er die Augen, so würde er wenigstens ungestört das Bild in der Fantasie fortsetzen. Baumwolle in den Ohren hilft nicht, man hört doch den Mordspektakel; und dann die Idee, schon die Idee: jetzt singen sie – jetzt kommt das Horn etc. der Teufel holt die sublimsten Gedanken! – Das Blatt ist richtig vollgeschrieben; auf dem vom Titel umgeschlagenen weißen Streifen will ich nur noch bemerken, warum ich hundert Mal es mir vornahm, mich nicht mehr bei dem geheimen Rath quälen zu lassen, und warum ich hundert Mal meinen Vorsatz brach. – Freilich ist es Röderleins herrliche Nichte, die mich mit Banden an dieß Haus fesselt, welche die Kunst geknüpft hat. Wer einmal so glücklich war, die Schlußscene der Gluckschen Armida, oder die große Scene der Donna Anna im Don Giovanni[a 1] von Fräulein Amalien zu hören, der wird begreifen, daß eine Stunde mit ihr am Piano Himmelsbalsam in die Wunden gießt, welche alle Mißtöne des ganzen Tages mir gequältem musikalischen Schulmeister schlugen. Röderlein, welcher weder an die Unsterblichkeit der Seele, noch an den Takt glaubt, hält sie für gänzlich unbrauchbar für die höhere Existenz in der Theegesellschaft, da sie in dieser durchaus nicht singen will, und denn doch wieder vor ganz gemeinen Leuten,


  1. Don Giovanni KV 527, eine Oper Wolfgang Amadeus Mozarts von 1787.