Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/618

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Hier stehen sie nun beide im Comtoir, Herr West, der Principal, und Gutkind, der getreue Knecht, der in Wenigem getreu gewesen ist, und nun über Viel gesetzt wird. Dieses Alles ist sicherlich mit großer und gefälliger Deutlichkeit ausgedrückt. Wests Gesicht, Figur und Stellung haben etwas sehr Edles, und was mehr werth ist, als alles das, etwas sehr Gutes. Sein linker Arm sanft auf Gutkinds Schulter gelehnt, als Zeichen nicht allein von Vertrauen, sondern auch von Vertraulichkeit, das nicht so leicht verschwendet wird und Gottlob! noch nicht so häufig verfälscht in der Welt herum läuft, als Umarmung und Bruderkuß. Mit der Rechten weist er sprechend auf den steten und richtigen Gang der Maschine hin, die ihn zu dem Manne gemacht hat, der treue Diener belohnen kann, auf die Fabrik. Der Gestus bedarf keiner Erklärung. Man sieht wohl, der Knoten, dessen Schürzung vielleicht in der Kirche den Anfang nahm, wird immer stärker angezogen. Miß West ist hier freilich nicht gegenwärtig, auch würden wir schwerlich einmal ihren Namen nennen hören, wenn wir hören könnten, was hier gesprochen wird. Allein die sanften Lichtblicke von Zufriedenheit und Vertrauen, die hier wechselseitig von Auge zu Auge und von Herz zu Herz auf dem kürzesten Wege überzugehen scheinen, sind sicherlich zum Theil ihr Werk, und gelangen wenigstens, erst von ihr reflectirt, von dem Einen zum Andern; und man versteht sich hier leichter, und nähert sich leichter, weil sie die stille Vermittlerin ist. Dieses weibliche Geschöpf ist nämlich, wiewohl hier unsichtbar, dennoch das Aneignungsmittel bei dem Herzensverein, den wir hier erblicken. Mit beiden Theilen durch Liebe verschiedener Art verwandt, vereinigt sie beide durch das Band einer dritten Art, und also sich selbst und sie, zu dem Glückseligkeits-Triangel, der wohl mit größerem Recht den Namen des gleichseitigen verdiente, als der berüchtigte italienische[1].


  1. Triangolo equilatero heißt in Italien das häusliche Glückseligkeits-System aus Mann, Frau und Amant. Denn dort wird die Stelle des letztern nicht durch den Mann selbst versehen, wie bei uns und in England.