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ihrer Schlangenlinien und Windungen, so verlieren dieselben sogleich alle Grazie, und bilden die ärmlichen Ausschmückungen, die vor einem Jahrhundert Mode waren, Figur 63 B 2.

Figur 64 B 2 bezeichnet die Art, womit die meisten Muskeln um die Knochen geschlungen sind, und der Länge und Form von Letzteren gemäß sich an dieselben anlegen. Da ihre Fibern mit Fäden von Anatomen verglichen werden, kann man jeden Muskelcomplex als ein Gewebe von Schlangenlinien betrachten.

Die Muskelcomplexe, die sich wieder mit einander verschlingen, bilden ebenfalls gewundene Formen. Dies erkennt man aus Figur 65 B 1, der Copie eines Wachsmodells von Schenkeln, nachdem die Haut abgezogen ist; durch die Windung und durch die Mannigfaltigkeit der Lagen wird diese Form im höchsten Grade elegant, obgleich das Gefühl ihrer Schönheit durch die Einbildungskraft unterdrückt wird, indem man sich denkt, dieses Glied sei geschunden worden. Der menschliche Körper hat überhaupt mehr Schlangenlinien, als irgend ein anderer, und ist deßhalb auch durch Schönheit vor allen hervorragend; sogar wenn die Muskeln dick emporschwellen, wie im Farnesischen Hercules, Figur 3 B 1, machen sie einen angenehmen Eindruck. Sobald sie aber an ihrer Windung verlieren, verschwindet die Eleganz.

Figur 66 B 1 ist ebenfalls nach der Natur gezeichnet, allein in einer trockeneren und steiferen Manier behandelt, (bei den Malern die hölzerne genannt,) als derjenigen, worin das Fleisch wirklich erscheint, bevor seine Nässe vertrocknet ist. Man muß zugestehen, daß die Theile dieser Figur, welche auch dieselbe Lage, wie Figur 65, bietet, dieselben richtigen Dimensionen und dieselbe richtige Lage zeigten; sie entbehren nur der Schlingung, wodurch ihnen Eleganz mitgetheilt werden könnte.

Dies wird durch Figur 67 B 1 in ein noch stärkeres Licht gesetzt. Dies Bein zeigt durch die einförmige Gestalt und Lage der Muskeln ohne alle Wellenlinien eine so hölzerne Form, daß ein Handwerker, welcher ein Stuhlbein verfertigen kann, dasselbe mit derselben Fertigkeit wird darzustellen vermögen, wie der größte Bildhauer. In derselben Art wird jeder Steinmetz die schönste Statue richtig copiren können,