Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/419

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ultra crepidam, in andere Gilden verliert, besucht, so viel ich weiß, nicht leicht ein Schneidergesicht. Offenbar gehörte dieses Geschöpf mit zu dem kleinen Kreise von Menschen, denen aus der gesperrten Haushaltung des Seligen, das, was sie verdient hatten, mit 50 pro Cent Rabatt kümmerlich, wohl gar aus der Rumpelkammer, zufloß. Es wäre also nicht unmöglich, daß der, der, wie wir sehen werden, seine Schuhe selbst sohlte, zur Entschädigung, den Schuster des Orts zu seinem Schneider ausersehen hätte, der die Sache als Dilettant trieb. Ein Paar Beinkleider, oder einen Schlafrock zum dritten und viertenmale zu serviren, dazu gehört, wie mancher deutsche Schriftsteller, ohne mein Erinnern, wissen wird, nicht sehr viel, und Dilettanten nehmen nicht viel. Unser Thomas, der hier sein theuerstes Leben selbst verabschiedet, behält indessen den Theosophen für heute, aus kindlichem Respect, zum Schneider bei. Freilich macht das Kleid den Mann. Thomas soll aber auch hier nicht gemacht, sondern bloß pro tempore schwarz behangen werden.

Gleich hinter unserm Helden, und in unmittelbarer Berührung mit dem zurückgeschobenen Rockschooße, steht der Tisch mit Documenten gedeckt, und mit einem Dintenfaß und einem Geldsacke servirt. Beides Gerichte, die ein Kostgänger, der noch zur Zeit allein an der Tafel sitzt, recht sehr gut kennt. Dieser macht sich daher den kleinen Zwist über Ehre und Schande, den der Wirth mit dem theuersten Leben hat, zu Nutz, und greift nach der besten Schüssel. Er kann nicht wissen, ob er bei eröffnetem Mahle dazu genöthigt wird. Dieser abgefeimte Gast ist unstreitig einer der bedeutungsvollesten Köpfe, die Hogarth gezeichnet hat. Es ist kein Taxirer, wie Gilpin[1] glaubt, auch betastet er das Geld nicht, wie er meint. Offenbar ist dieses ein Verwandter der Justiz, von der Seite wenigstens, ein Attorney, oder so etwas von Notarius und Procurator. Unter seinem rechten Arme hat er den Beutel aus grünem Boy (Baize-Bag), der diese Menschenclasse ganz


  1. Abhandlung von Kupferstichen. Frankf. und Leipzig 1768. S. 171 f.