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IV.

Wer hat bei dem Spiele sich betheiligt? wer hat sich als Zuschauer eingefunden?

War die Theilnahme eine allgemeine, schloß kein Stand sich aus, so mußte das Schauspiel tief in das Herz des Volkes sich eingesenkt haben; und haben die Spielenden und die Zuschauer die ergreifenden Bilder nicht äußerlich an sich vorübergehen lassen, sondern haben die Einen als eine religiöse Handlung, als ein frommes Werk ihre Bethätigung beim Spiele angesehen und die Andern getrauert, wenn der Oelberg und die Verurtheilung und der martervolle Kreuzweg in ernsten Bildern und Tönen an ihnen vorüberzog; – so ist das wohl ein rühmliches Zeugniß für die ehrsamen Bürger der schwäbischen Reichsstadt, daß die Feier der kirchlichen Feste bei ihnen aus den heiligen Mauern des Gotteshauses herausgetreten und mitten hinein in das Volksleben anregend und erhebend, erfreuend und ergreifend sich gestellt hat.

Wirklich war die Theilnahme eine allgemeine. Kein Stand schloß sich vom Spiele aus, und die ganze Masse des Volkes aus der Stadt und Umgegend und in einzelnen Schaaren weit über diese hinaus fand sich bei der Aufführung ein, die unter freiem Himmel stattfand und viele Stunden dauerte.

Es war das noch eine Zeit, wo in dieser schwäbischen Reichsstadt der Unterschied der Stände noch

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Franz Joseph Holzwarth: Passionsbilder. Franz Kirchheim, Mainz 1856, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Holzwarth_Passionsbilder.djvu/130&oldid=- (Version vom 1.8.2018)