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genau dieselbe Stellung ein wie eine Lehre in der Maschinenfabrik, denn diese kann nur anzeigen, ob der betreffende Maschinenteil richtig ausgeführt worden ist, sagt aber nichts über seine Herstellung aus. Alle Maschinenteile müssen in die Lehre passen und alle physikalischen Gesetze dem Relativitätsprinzip genügen.

2. Uhren. Maßstäbe. Beziehung zwischen Zeit und Länge. Wir wollen jetzt auf die Zeitmessung näher eingehen. Die Zeit bestimmen wir mit Hilfe von Uhren, von denen wir verschiedene haben müssen, die alle synchron laufen, an verschiedenen Stellen unseres Bezugssystems aufgestellt sind und in bezug auf uns alle ruhen. Denn hätten wir keine solche synchron laufenden und ruhenden Uhren, so wäre eine Zeitmessung überhaupt illusorisch. Durch was stellen wir den Synchronismus fest? Ganz einfach, durch ein beliebiges physikalisches Verfahren, sei es ein mechanisches oder optisches. Denn ergibt uns eine physikalische Messung, daß zwei in bezug auf uns ruhende Uhren synchron laufen, so laufen sie auch tatsächlich synchron. Hierdurch ist der Synchronismus eindeutig bestimmt, denn er läßt sich ständig durch das Experiment kontrollieren.

Wir gehen jetzt zu einer Längenmessung über. Zu dem Zweck bedienen wir uns eines Maßstabes, z. B. eines Meterstabes, und wollen jetzt einen gegebenen Stab damit vergleichen. Wir setzen voraus, daß der Meterstab in bezug auf uns ruht und bringen den zu messenden Stab an das Meter. Dann wird der Anfang und das Ende des Meters mit zwei Stellen des zu messenden Stabes zusammenfallen. Wir schneiden an diesen Stellen den Stab ab und haben dadurch eine Kopie unseres Meters erhalten, die sich der Länge nach von dem primären Meter nicht unterscheidet. Dabei haben wir aber folgendes beobachtet. Alle vier Punkte, d. h. der Anfang und das Ende des Meters und desgleichen des Stabes, ruhten während der Messung in bezug auf uns. Hätten wir folglich in diese vier Punkte vier synchron laufende Uhren gebracht, so würden sie fortfahren, synchron zu laufen. Mit anderen Worten, die Messung ist so ausgeführt worden, daß die betreffenden Punkte des Stabes mit denjenigen des Meters zu gleicher Zeit verglichen wurden. Diese Art der Messung ist auch die einzige, aus welcher wir über die Gleichheit zweier Längen schließen können.

Wir wollen jetzt von den Bezugssystemen eins herausgreifen und dieses, zum Unterschiede von dem unsrigen, als gestrichenes bezeichnen (d. h. alle ihr zukommenden Größen mit Strichen versehen). Wir übergeben dem gestrichenen Beobachter die von uns angefertigte Kopie des Meters und verabreden mit ihm, er soll diese auch als Einheit benützen. Diese Kopie wird für uns jetzt als gestrichenes Meter erscheinen,


Empfohlene Zitierweise:
Wladimir Sergejewitsch Ignatowski: Das Relativitätsprinzip (Ignatowski). Archiv der Mathematik und Physik, Leipzig 1911, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:IgnatowskiRelativ.djvu/4&oldid=- (Version vom 14.9.2022)