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Ich machte eine zweifelnde Geste. „Wie soll ich das entscheiden?! Jedenfalls ist Ihre Ansicht aber die annehmbarste – ganz fraglos.“

„Man könnte Mellschewski ja auf den Kopf zusagen, daß er der Absender ist,“ spann Hiller seine Gedanken weiter aus. „Aber er wird natürlich alles ableugnen. Höchstens eine Schriftvergleichung wäre erfolgversprechend.“

„Verlohnt sich all diese Mühe überhaupt?“ erwiderte ich gleichmütig. „Der Brief spielt in meiner Angelegenheit doch gar keine Rolle.“

„Das ist schon richtig. Nur dürfen Sie nicht vergessen, daß das Schreiben leicht als Erpressungsversuch ausgelegt werden kann. Denn Spielschulden erkennt das Gesetz nicht als einklagbare Forderung an.“ –

„Von dieser Seite betrachtet, gewinnt der Brief allerdings an Bedeutung,“ stimme ich zu. Und dann fragte ich, als Hiller nachdenklich vor sich hinschaute:

„Was soll nun eigentlich mit mir werden, Herr Kommissar? – Brauchen Sie mich noch oder kann ich gehen.“

Plötzlich war er wieder ganz Beamter.

„Bedaure. Wenn Sie nicht eingestehen, was Sie in der Wohnung Ihres Onkels wollten, kann ich Sie nicht entlassen. Außerdem ist der Tatbestand auch noch so ungeklärt, daß ich Verdunkelungen verhüten muß.“

Ein heißer Schreck durchzuckte mich. Schon glaubte ich gewonnenes Spiel zu haben, und nun sanken alle meine Hoffnungen wieder in ein Nichts zusammen.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/109&oldid=- (Version vom 1.8.2018)