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vor dem Krieg fleißig im Spionagedienst gebraucht worden, und dann denken Sie doch mal zurück an die Autos mit Damen und Gold!“ Wieder sauste ein luftverpestendes Ungetüm an uns vorüber. „Den anderen hat es nichts zu ihrem Ziel genutzt“, sprach Helene noch aus der Wolke heraus mit leuchtenden Augen, „aber wenn wir siegen, ist es natürlich, daß wir ein dankbares Herz bewahren für alles, was uns zum Sieg verholfen hat. Es ist damit ähnlich, wie mit den Steuern“, fuhr die holde Philosophin fort, „alle Völker zahlen Steuern, aber wir haben damit in höchster Not unsere Rettung erreicht. Sie wissen, wie mein Vater oft geschimpft und auf den Tisch geschlagen hat, wenn auf Steuern die Rede kam. Und heute? Er singt dem Staat Lob und Preis, weil dieser Opfer verlangte und damit rechtzeitig für unsere vorzügliche Rüstung sorgte.“ „Dann sind durch den Krieg ja die Herzen umgedreht worden“, staunte ich, „aber ob sie sich nicht wieder zurückdrehen? Ob nach dem Krieg Automobilstaub und Steuern nicht wieder verwünscht werden, wie einst?“ „So sicher uns die Erinnerung an den Krieg bleibt“, antwortete sie milde, „so sicher bleibt unsere Dankbarkeit gegenüber allem, was zu Deutschlands Sieg beitrug, auch wenn gewisse Dinge unseren persönlichen selbstischen Wünschen im Wege sind.“ „So wird sich also neben der früheren nörgelnden Friedensseele eine opferfreudige Kriegsseele bilden? Sogar in der Brust der zarten Weiblichkeit?“ „Bei dieser erst recht, weil sie bisher den allgemeinen Dingen ganz gleichgültig gegenüberstand. Der Krieg hat uns aufgerüttelt. Wieviele Frauen und Mädchen durchbebte zum erstenmal das Gefühl der Zusammengehörigkeit mit ihrem Volke! Die Wohlfahrt des Volkes wird uns nach dem Kriege mehr am Herzen liegen, als früher, und auf vielen Gebieten der Frau wird ihrer nach dem Kriege ein weites Arbeitsfeld harren.“ „Dann würden also auch Sie sagen: Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust: eine selbstsüchtige und eine soziale Seele.“ „Das Goethesche Ach! laß ich fort. Es wird nur eine

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Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/132&oldid=- (Version vom 1.8.2018)