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Eine lange Eichenbank, ein aus schwarz gewordenen Brettern zusammengeschlagenes Bett, ein ebensolcher Tisch, eine grobe, plumpe Kiste … auf einer langen, oben zwischen den Deckbalken angebrachten Stange nachlässig aufgehängte Kleidungsstücke – das war fast alles. Dafür waren aber die Wände beinahe voll. Da gab es bunte Bilder, farbige Papiere, auf die Wand ganz glatt aufgeklebt, Bänder, geschnitzte Holzkreuze, Lehmtöpfchen, getrocknete Blumen und Kräuter … und in den kleinen, schiefen Fenstern hochrotblühende Blumen, die sich vergeblich an die ungewaschenen Scheiben preßten, um ein bißchen Sonnenlicht auf sich zu fühlen …

Und unter alledem und immer belebt war – sie.

Sie saß und spann oder schnitzte etwas aus Holz: Kreuze, Löffel, Schüsselchen oder auch andere kleine Sachen; was ihr eben einfiel.

„Wer hat euch schnitzen gelehrt?“ fragte man sie einmal.

„Wer?“ gab sie erstaunt zur Antwort, „ich kann’s von selber. Ohne Beschäftigung zu sitzen ist langweilig. Ich nehme ein Stück Holz in die Hand und es kommt dann von selber irgend etwas heraus …“

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/114&oldid=- (Version vom 13.9.2022)