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„Und euer Wille nicht?“ reizte sie die Frau.

„Weiß ich es denn? Wir kamen von entgegengesetzten Enden der Welt zusammen, um uns hier zu heiraten. Er ein vierzigjähriger Mann und ich ein neunzehnjähriges Mädchen. Ich hatte eben Glück gehabt. Das hat nicht ein jeder. Mancher ist so glücklos, daß man gut thut, ihn zu umgehen, damit nicht all sein Elend auf einen übergeht. Ich hatte Glück gehabt; von klein auf hatte ich’s gehabt!“

„Von eurem Glücke habt ihr mir nie erzählt, Paraska!“ sprach lächelnd die Frau.

„Ich habe nicht erzählt, weil man nicht gefragt hat.“

„Nun, dann erzählt einmal. Stopft euch die Pfeife … die Hände laßt ruhen und mich laßt zuhören.“

„Zu erzählen ist keine Kunst,“ antwortete sie gleichgültig. Dann stopfte sie ihre kurze Pfeife, zündete sie an, that ein paar kräftige Züge aus ihr, damit sich der Tabak gut entzünde, und begann dann zu erzählen.

Sie lebte von ihrem neunten Jahre bei ihrer Taufpate. In ihrem Dorfe daheim diente sie auch

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/119&oldid=- (Version vom 13.9.2022)