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Pate, daß man am letzten Fasching – von Sonntag auf Montag – alle Kleider, die man an diesem Sonntage trägt, beim Schlafengehen unter das Kopfpolster legen solle, und daß dann derjenige, der einem von Gott zum Manne bestimmt sei, im Traume erscheine …

Ich that, wie die Pate gesagt.

Und ich träumte.

Ich träumte, daß ich auf einen Berg stieg, auf dem Rücken Säcke trug, und in den Säcken stak Heu. Ich stieg auf einen hohen Berg, bis zur Brust im Grase, in einen Wald hinein – und der Wald war trocken. Er war ausgetrocknet bis auf den letzten Zweig, daß er fast rötlich schien, und darinnen war es so traurig und so still … ich sah mich um und bemerkte plötzlich ein Thor.

Aus dem Thore trat ein Mann, der war weder alt noch jung, und der hielt in der Hand einen Mond, den er hin und her drehte. Er blieb vor mir stehen, legte die Hände auf meinen Kopf und sprach: ‚Mein Kind: die Gedanken, die du hegst, hege auch weiter. Alsdann wirst du sieben Meilen und sieben Stunden gehen und deinen Bräutigam finden.‘ Dann verschwand er.

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/121&oldid=- (Version vom 13.9.2022)