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Schlitten durchkommen. Hier war das Ende der Welt … und ein Paradies für Raubvögel und Bären … hier hörte alles auf …

Die Felswände gingen zu Ende.

Sie trat aus ihnen wie aus einem Thore heraus.

Sie trat heraus, blieb stehen und erstarrte.

Was lag vor ihr?

Vor ihr lag wieder Wald. Derselbe Wald, den sie hinter sich gelassen, dunkel, grenzenlos … kraftvoll wie für die Ewigkeit … und dabei still … nein, er war verzaubert … denn was war das für ein Rauschen, welches sich in den Lüften übereinandertürmte? Sie hatte solch ein starkes Rauschen nie vernommen, durch wie viele Wälder sie in ihrem Leben auch geschritten! Es erstickte, goß sich in die Ohren, brauste, und dabei war es doch so still … o großer Gott, o Christus! Diese Stille lockte einem die Seele aus dem Leibe, und man fühlte, wie man sie verlor … Und aus dem Walde unweit vor ihr erhoben sich zwei himmelhohe, spitze Felsen in die

Höhe – der Naryw![1]

  1. So heißen die höchsten Felsenspitzen des Karpathengebirges in der Bukowina.
Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/158&oldid=- (Version vom 13.9.2022)