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„Was geschah denn mit ihm, Paraska?“

„Ei was!“ antwortete sie. „Er ging gar nicht nach Dorna-Watra. Er bestahl hier einen Juden, denselben, zu dem er immer mit Thekla auf Branntwein gegangen, und entfloh dann nach Rumänien.

Während der Flucht brach er sich eine Hand und verlor alles Geld. ‚So hat es dir Gott gegeben‘, sagte ich, als ich dies vernommen. ‚Du brachst mir den Fuß, und Gott brach dir die Hand.‘ Die alte Malwine, seine Mutter, weinte und erzählte, daß er für immer zum Krüppel geworden sei und betteln gehe. Nun, aber so hat er’s selber gewollt.“

„Ach, Paraska, ihr wußtet nicht einmal, wen ihr im Hause gehalten!“ sprach die Frau. „Er hätte euch noch ermorden können!“

Sie schüttelte mit dem Kopfe und lächelte: „Was hätte er auch von mir genommen? Ich bin arm, und meinen Körper hätte er nicht für Geld umgetauscht. Übrigens … ehe er mich erschlagen hätte, hätte ich ihn erdrosselt. Ich fürchte mich nicht!“

„Ihr fürchtet euch nicht … und doch! Er hat euch genarrt und verletzte euch den Fuß für immer!“

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/171&oldid=- (Version vom 13.9.2022)