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„Nun,“ meinte sie und zuckte mit den Achseln, „so haben es auch vielleicht die Sudjilnetzi gewollt. Dafür strafte ihn auch Gott. Weil das eine ist, muß auch das andere sein.“

„Und wie ward es mit Thekla? Habt ihr euch mit ihr nicht ausgesöhnt?“

Sie spie vor sich und begann von neuem ihre Pfeife zu stopfen.

„Was hätt’ ich denn auch mit ihr sonst thun sollen? Sie näherte sich mir wieder … und so mochte ich ihr schon die Thüre vor der Nase nicht zuschlagen. Eine Schwester … mag sie nun einmal gut oder böse sein : … ist immer eine Schwester. Ich lebe mit ihr der Leute wegen. Die Leute sollten sich den Mund nicht mit unnützen Worten vollstopfen, aber ein Herz habe ich für sie nicht mehr. In einer Woche darauf, als ich sie totschlagen wollte, nahm sie ein blindes Kind, ein dreijähriges Mädchen, zu sich als eigen auf. Es war gewiß, das Gewissen ließ sie meinetwegen nicht in Ruhe oder vielleicht gab ihr Gott den Traum, die Waise zu sich zu nehmen. Und sie that gut daran, dem Willen Gottes zu folgen, denn vielleicht wird ihr dafür in jener

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Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/172&oldid=- (Version vom 13.9.2022)