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von welcher Seite sie auf die Magura um die Himbeeren gestiegen ist und von welcher sie herabsteigen muß. Sie kannten sich hier aus wie die hungrigen Raubvögel!

Sie ist jedoch so müde und hat keine Lust, sich von der Stelle zu rühren. Wenn sie die Arbeit heute nicht verrichtet, kann sie morgen nicht um Schwämme gehen; aber … schlug denn schon ihre letzte Stunde? Und wenn es morgen schon mit dem Morgengrauen zu regnen anfinge? Und wenn es heuer überhaupt keine Schwämme gäbe? So ersann sie sich Entschuldigungen, narrte sich selber, um nur länger sitzen zu können.

Und es saß sich gut da.

Dann entdeckte sie weit von sich auf einer Wiese eine Koliba[1] und daneben weidendes Vieh.

War jemand in der Koliba? Oder stand sie

leer? Es überkam sie eine lebhafte Lust, eine jugendliche Neugier, irgend etwas zu erfahren, hier in der Einsamkeit eine menschliche Stimme zu vernehmen. Sie rief aus voller Brust und mit ihrer hellen,

  1. Eine aus Brettern zusammengeschlagene Hütte, in der Hirten den Sommer über nächtigen.
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Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/183&oldid=- (Version vom 13.9.2022)