deckt wird, bis es bei dem Morgen-Aufgange in der Reihenfolge früher erscheint. Dies verhält sich bei den Fixsternen, und auch bei den Planeten Saturn, Jupiter und Mars auf gleiche Weise. Aber Venus und Merkur gestalten ihren Auf- und Untergang anders: denn sie werden nicht, wie jene, durch die Ankunft der Sonne verdeckt, noch durch ihren Weggang aufgedeckt, sondern indem sie vorwärts schreiten, tauchen sie sich in den Glanz der Sonne und entziehen sich demselben. Jene werden beim Abend-Aufgange und beim Morgen-Untergange gar nicht unsichtbar, so dass sie mit ihrem Lichte fast die ganze Nacht hindurch leuchten. Diese aber verschwinden ohne Unterschied vom Untergange zum Aufgange, und können nicht gesehen werden. Es giebt auch noch einen andern Unterschied, dass nämlich bei jenen die wahren Morgen-Auf- und Untergänge früher eintreten, als die scheinbaren, die Abend-Auf- und Untergänge aber später, indem sie dort vor dem Aufgange der Sonne vorausgehen, hier ihrem Untergange folgen. Bei den untern Planeten aber sind die scheinbaren Morgen- und Abend-Aufgänge später als die wahren, die Untergänge dagegen früher. Die Methode aber, durch welche sie zu bestimmen sind, kann aus dem Obengesagten eingesehen werden, wo wir die schiefe Aufsteigung jedes Sterns, welcher einen bekannten Ort einnimmt, und mit welchem Grade der Ekliptik er auf- und untergeht, auseinander gesetzt haben. Wenn nun die Sonne in diesem Punkte oder in dem ihm entgegengesetzten erscheint: so hat das Gestirn einen wahren Auf- oder Untergang, Morgens oder Abends. Von diesen unterscheiden sich die scheinbaren je nach der Helligkeit und Grösse des Gestirns. Diejenigen, welche sich durch stärkeres Licht auszeichnen sind kürzere Zeit in den Sonnenstrahlen verborgen, als diejenigen, welche schwächer leuchten. Und die Grenzen des Unsichtbarseins und des Erscheinens, werden durch die unter dem Horizonte liegenden Bogen der Kreise, welche durch die Pole des Horizonts gezogen sind, zwischen dem Horizonte selbst und der Sonne bestimmt. Sie betragen für die Fixsterne erster Grösse fast 12°, für den Saturn 11°, für Jupiter 10°, für Mars 111/2°, für Venus 5°, für Merkur 10°. Im Allgemeinen aber weicht der Rest des Tageslichtes, welcher die Abend- oder Morgendämmerung ausmacht, der Nacht bei 18 Graden des schon bezeichneten Bogens; wenn die Sonne um so viele Grade unter dem Horizonte steht: so beginnen auch die kleineren Sterne sichtbar zu werden. Manche nehmen den unter dem Horizonte liegenden Parallelkreis an, und sagen, wenn die Sonne diesen berührt, es tage oder die Nacht sei beendet. Wenn wir also wissen, mit welchem Punkte der Ekliptik ein Gestirn auf- oder untergeht, und den Winkel dieses Bogens der Ekliptik mit dem Horizonte in demselben Punkte kennen, und wenn wir dann zwischen dem aufgehenden Punkte und der Sonne noch so viele Grade der Ekliptik finden, als hinreichen, um die Tiefe der Sonne unter dem Horizonte der für das gegebene Gestirn bestimmten Grenze gleich zu machen: so sagen wir, es finde sein erstes Erscheinen oder Verschwinden statt. Was wir aber über die Höhe der Sonne über dem Horizonte in den vorhergehenden Auseinandersetzungen
Nicolaus Copernicus: Nicolaus Coppernicus aus Thorn über die Kreisbewegungen der Weltkörper. Ernst Lambeck, Thorn 1879, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/117&oldid=- (Version vom 18.12.2016)