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Buches de revolutionibus besorgte und, ob er gleich keines biblischen Scrupels ausdrücklich Erwähnung thut, es doch für rathsam hielt, die neuen Ansichten eine Hypothese und nicht, wie Copernicus, eine erwiesene Wahrheit zu nennen.“

Der älteste Zeuge dafür ist Kepler, welcher in einem Briefe vom Jahre 1609 (Kepleri opp. ed. Frisch, vol. III Frft. 1860 p. 136) sich folgendermassen ausspricht: „Vin’tu vero scire fabulae huius, cui tantopere irasceris, architectum? Andreas Osiander annotatus est in meo exemplari, manu Hieronymi Schreiber Noribergensis. Hic igitur Andreas, cum editioni Copernici praeesset, praefationem illam, quam tu dicis absurdissimam, ipse (quantum ex eius literis ad Copernicum colligi potest) censuit prudentissimam, posuit in frontispisio libri, Copernico ipso aut iam mortuo aut ignaro.“

Abraham Gotthelf Kästner in seiner Geschichte der Mathematik Bd. II. Göttingen 1797 pag. 367 sagt darüber: „Mit Osiander’s Vorberichte, die Bewegung der Erde sei nur Hypothese der Rechnung wegen, meint Doppelmeyer, wäre wohl Copernicus nicht zufrieden gewesen, wenn er es hätte prüfen können.“

Hierher gehört auch der Brief des Bischofs Giese von Culm, vom 26. Juli 1543 aus Löbau datirt, der in der Warschauer Ausgabe p. 640 abgedruckt, aber auch am Schlusse der Schrift: „Zur Geschichte des copernicanischen Systems“ von Dr. Franz Beckmann, Prof. zu Braunsberg, 1861, p. 42 und 43 zu finden ist, und nach der dort gegebenen Uebersetzung folgendermassen lautet:

An Joachim Rhetikus.

Von der Vermählungsfeier des Königs aus Krakau zurückgekehrt, finde ich die beiden von Dir übersandten Exemplare des jüngst gedruckten Werkes von unserm Copernicus, dessen Hinscheiden ich nicht eher vernahm, als bis ich den preussischen Boden betreten hatte. Den Schmerz über den Verlust des Bruders und grossen Mannes hätte ich durch Lesung des Buches, das mir ihn lebend wieder vorzuführen schien, ausgleichen können; aber gleich im Eingange bemerkte ich die Untreue und — Du bedienst Dich des rechten Ausdrucks — die Ruchlosigkeit des Petrejus, die einen Unwillen, grösser, als die vorhergehende Traurigkeit bei mir erregte. Denn wer möchte nicht ergrimmen über eine so grosse, unter dem Schutze des Vertrauens begangene Schandthat? Doch ist sie vielleicht nicht sowohl diesem Drucker, der von Andern abhängig ist, als dem Neide eines Mannes zuzuschreiben, der vielleicht aus Schmerz darüber, von dem alten Bekenntniss ablassen zu müssen, falls dieses Buch Ruf erlangen sollte, die Einfalt des Druckers missbraucht hat, um dem Werke das Vertrauen zu ihm zu entziehen. Damit aber derjenige nicht straflos ausgehe, der sich so durch fremden Betrug hat bestechen lassen, habe ich an den Senat in Nürnberg geschrieben, und in dem Schreiben angegeben, was meines Erachtens nothwendig ist, um das Vertrauen zu dem Verfasser herzustellen. Ich übersende den Brief mit einem Exemplare des Werkes an Dich, auf dass Du nach den Umständen ermessen mögest, wie die Sache einzuleiten ist. Denn zur Betreibung derselben bei dem Senate scheint mir Keiner so geeignet oder so willfährig zu sein, als Du bist, der Du die Rolle des Chorführers bei der Aufführung des Stückes gespielt hast, so dass Dir nicht weniger, als dem Verfasser an der Herstellung dessen liegen muss, was entstellt worden ist. Wenn Dir aber daran gelegen ist, so ersuche ich Dich angelegentlichst, Alles mit der grössten Sorgfalt auszuführen. Wenn die umzudruckenden ersten Blätter anlangen werden, hast Du, scheint mir, eine Vorrede beizufügen, damit auch die schon ausgegebenen Exemplare von dem Fehler der Entstellung befreit werden. Ja, ich wünsche sogar, es möge der Lebenslauf des Verfassers vorausgeschickt werden, den ich in der anziehenden Abfassung von Deiner Hand gelesen habe; ich glaube, es fehlt daran weiter Nichts, als das Lebensende, das durch einen Blutsturz mit hinzugetretener Lähmung der rechten Seite am 24. Mai herbeigeführt ist, nachdem schon viele Tage vorher Gedächtniss und geistige Regsamkeit geschwunden waren. Das Werk in seiner Vollendung hat er nur beim letzten Athemzuge gesehen an demselben Tage, an dem er verschieden ist. Dass es vor seinem Tode gedruckt erschienen ist, kommt nicht in Betracht; denn das Jahr stimmt, und den Tag, an dem der Druck vollendet ist, hat der Drucker nicht beigefügt. Ich wünsche, es möge auch das Schriftchen, durch das Du die Bewegung der Erde von dem Vorwurfe eines Widerspruches mit der heiligen Schrift befreit hast, hinzugefügt werden. So erhält das Werk den rechten Umfang und Du wirst zugleich den Uebelstand gut machen, dass in der Vorrede des Werkes der Lehrer Deiner nicht erwähnt hat, was er meines Erachtens nicht aus Gleichgültigkeit gegen Dich, sondern in Folge seiner Schwerfälligkeit und Sorglosigkeit, zumal da er schon matt war, unterlassen hat, indem ich wohl weiss, wie hoch er Deinen Beistand und Deine Gefälligkeit zu schätzen gewohnt war. Für die mir zugesandten Exemplare statte ich dem Geber grossen Dank ab; sie werden mir als immerwährendes Denkmal dienen zur Erinnerung nicht nur an den Verfasser, den ich stets geliebt habe, sondern auch an Dich, der Du ihm bei seiner Arbeit als Theseus kräftig zur Seite gestanden, und jetzt durch Deine Bemühungen und durch Deine Sorgfalt dazu mitgewirkt hast, dass wir den Genuss des vollendeten Werkes nicht entbehren. Wie viel wir Alle Dir für diese Deine Bemühungen zu danken haben, liegt nicht im