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eine Wasserwage, den Aufgang des Anfanges des Krebses im Punkte : so sieht man in demselben Augenblicke den Anfang des Steinbocks in untergehen. Da die Punkte , und in einer durch das Diopter gehenden graden Linie liegen: so ist klar, dass letztere der Durchmesser der Ekliptik ist; und da sechs Zeichen den Halbkreis bestimmen, so ist auch der Mittelpunkt des Horizontes. Wenn bei einer andern Umwälzung der Anfang des Steinbocks in aufgeht, so wird der Untergang des Krebses in gesehen werden, und wird eine grade Linie, und zwar der Durchmesser der Ekliptik sein. Es hat sich aber schon gezeigt, dass der Durchmesser desselben Kreises ist, folglich ist klar, dass der Mittelpunkt des Kreises in dem gemeinschaftlichen Durchschnittspunkte liegt. So halbirt also immer der Horizont die Ekliptik, welche ein grösster Kreis der Kugel ist. Da nun ein Kreis auf einer Kugel, wenn er durch den Mittelpunkt eines grössten Kreises geht, selbst ein grösster Kreis ist, so gehört der Horizont zu den grössten Kreisen, und sein Mittelpunkt ist zugleich derjenige der Ekliptik. Weil aber die Linie durch die Oberfläche der Erde nothwendig eine andere ist, als diejenige durch ihren Mittelpunkt, beide aber wegen der Unermesslichkeit im Verhältnisse zur Erde gewissermassen Parallelen ähnlich sind, welche, wegen des zu kleinen Abstandes an der Grenze, eine einzige Linie zu sein scheinen, — da der Zwischenraum, den sie einschliessen, im Verhältnisse zu ihrer Länge, in der Weise, wie dies in der Optik gezeigt wird, nicht wahrnehmbar ist: — so scheint dies ohne Zweifel hinreichend zu beweisen, dass der Himmel im Vergleiche mit der Erde unermesslich sei, und den Anschein einer unendlichen Grösse gewinnt, und dass die Erde zum Himmel, nach der Sinnenschätzung, wie ein Punkt zu einem Körper, und ein endlich Grosses zu einem unendlich Grossen sich verhält.[1] Weiter ist aber auch nichts bewiesen, und es folgt namentlich nicht daraus, dass die Erde in der Mitte der Welt ruhen müsse. Vielmehr müsste es uns recht befremden, wenn die so unermesslich ausgedehnte Welt sich leichter in 24 Stunden im Raume bewegte, als ein sehr kleiner Theil derselben, welcher die Erde ist. Denn, dass man behauptet, der Mittelpunkt sei unbeweglich, und das dem Mittelpunkte Benachbarte bewege sich langsamer, beweist nicht, dass die Erde im Mittelpunkte der Welt ruhe; es ist nämlich nichts Anderes, als wenn man sagte, der Himmel bewege sich, aber die Pole ruhen, und das den Polen Benachbarte bewege sich sehr langsam; wie denn der Polarstern sich viel langsamer, als der Adler oder der Sirius zu bewegen scheint, weil ersterer, als dem Pole nahe stehend, einen kleineren Kreis beschreibt, indem alle einer Kugel angehören, deren Bewegung, nach ihrer Axe hin abnehmend, eine unter sich gleiche Bewegung aller ihrer Theile nicht zulässt, während die Bewegung des Ganzen sie alle in gleichen Zeiten, aber durch ungleiche Räume hindurch herumführt. Hierauf beruht also der Grund des Beweises, dass die Erde, indem sie einen Theil der Himmelskugel ausmacht und derselben Art und Bewegung theilhaftig ist, als dem Mittelpunkte benachbart sich wenig bewege. Da sie nun ein existirender

Anmerkungen [des Übersetzers]

  1. [6] 13) Archimedes berichtet im Anfange seiner kleinen Schrift: „Arenarius“ pag. 319 der Oxforder Ausgabe des Torellus 1782 von ganz ähnlichen Anschauungen, die Aristarch von Samos in seinen Propositionen gegen die Astrologen gelehrt hat. Jdeler in seiner Schrift [7] „Ueber das Verhältniss des Copernicus zum Alterthume“ pag. 40 übersetzt diese Stelle so: „Nach seiner (Aristarch’s) Hypothese haben weder die Fixsterne, noch die Sonne irgend eine Bewegung, sondern die Erde durchläuft einen Kreis, dessen Mitte die Sonne einnimmt. Die mit dieser concentrische Fixsternsphäre aber ist seiner Meinung nach so gross, dass der Umfang der Erdbahn sich zur Entfernung der Fixsterne verhält, wie der Mittelpunkt der Kugel zu ihrer Oberfläche.“
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Copernicus: Nicolaus Coppernicus aus Thorn über die Kreisbewegungen der Weltkörper. Ernst Lambeck, Nürnberg und Thorn 1879, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/45&oldid=- (Version vom 9.8.2016)