Seite:Kreisbewegungen-Coppernicus-0.djvu/52

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sind, wie dies von Euklid in der Optik[1] bewiesen wird. Deshalb glauben sie, dass der Mond, weil er, als der Erde am nächsten stehend, sich in dem kleinsten Kreise bewegt, seinen Umlauf auch in der kürzesten Zeit vollendet; der Saturn aber, als der höchste, die grösste Bahn in der längsten Zeit durchläuft. Unter diesem steht der Jupiter, darauf folgt der Mars. Ueber Venus aber und Merkur finden sich verschiedene Meinungen, weil sie nicht, wie jene, sich durch alle Grade von der Sonne entfernen. Deshalb stellen Einige dieselben über die Sonne, wie Timäus bei Plato, Andere unter dieselbe, wie Ptolemäus[2] und ein guter Theil der Neueren[3]. Alpetragius[4] setzt die Venus über die Sonne, und den Merkur unter dieselbe. Da nun Diejenigen, welche dem Plato folgen, meinen, dass alle Planeten als sonst dunkle Körper, durch das von der Sonne empfangene Licht leuchten: so müssten jene, wenn sie sich unter der Sonne befänden, wegen ihres eben nicht grossen Abstandes von derselben, halb oder wenigstens nicht völlig rund gesehen werden; denn sie würden das empfangene Licht gewöhnlich seitlich, d. h. nach der Sonne hin, zeigen, wie wir dies beim zu- und abnehmenden Monde sehen. Auch sagen sie, die Sonne müsste durch ihr Dazwischentreten zuweilen verfinstert werden, und das Licht derselben nach Massgabe ihrer Grösse einen Verlust erleiden; da dies nun niemals bemerkt wird, so sind sie der Meinung, dass sie niemals unter der Sonne zu stehen kommen. Dagegen vertheidigen Diejenigen, welche Venus und Merkur unter die Sonne stellen, ihre Ansicht durch die Grösse des Raumes, den sie zwischen Sonne und Mond finden. Denn sie haben ermittelt, dass der grösste Abstand des Mondes von der Erde, also vier und sechzig und ein Sechstel solcher Theile, von denen einer vom Mittelpunkte der Erde bis zur Oberfläche reicht, — in der kleinsten Entfernung der Sonne fast achtzehnmal enthalten sei, und diese 1160 solcher Theile betrage, zwischen ihr und dem Monde also 1096. Damit nun ein so weiter Raum nicht leer bleibe, finden sie aus den Unterschieden der Abstände, aus denen sie die Grösse ihrer Bahnen berechnen, dass dieselben Grössen nahezu ausreichen, dass auf die grösste Entfernung des Mondes, die kleinste Merkurs, und auf dessen grösste Entfernung, die kleinste der Venus folge, welche dann endlich in ihrer grössten Entfernung die Sonne in ihrer kleinsten Entfernung gleichsam berührt. Sie glauben nämlich, dass die Merkursbahn 177 der obenbezeichneten Theile umfasse, und dass der übrige Raum von dem Durchmesser der Venusbahn mit 910 Theilen nahezu ausgefüllt werde. Sie geben daher auch nicht zu, dass sich an den Planeten irgend eine Dunkelheit, ähnlich derjenigen des Mondes, finde, sondern behaupten, dass sie entweder mit eigenem Lichte, oder mit ihrem ganzen Körper in Sonnenlicht getaucht, leuchten; und die Sonne deshalb nicht verfinstern, weil es höchst selten vorkomme, dass sie sich vor die Scheibe der Sonne stellen, indem sie meistentheils in der Breite abweichen; ausserdem weil sie im Vergleich zur Sonne kleine Körper sind, da die Venus, die noch grösser ist, als Merkur, kaum den hundertsten Theil der Sonne bedecken kann, wie Albategnius, der Aratenser[5]

Anmerkungen [des Übersetzers]

  1. [8] 22) Euclidis optica ex trad. Theonis. Theor. 56. Prop. 57.
  2. [8] 23) Almagest Lib. IX. Cap. 1.
  3. [8] 24) z. B. Alfraganus. De rudimentis astr. Diff. XII. u. XXII.
  4. [8] 25) Alpetragi blühte zu Marocco 1145—1154, confr. Weidler’s hist, astron. Viteb. 1741. pag. 217, sein Theoricum physicum hat Calo Calonymus in’s Lateinische übersetzt, (Venetiis 1531), confr. Gehler’s phys. Wörterbuch VII. p. 537 und Hipler Spiceleg. Copern. p. 135.
  5. [8] 26) Liber Machometi, filii Gebir, filii Crueni, qui vocatur Albategni, in numeris stellarum, et in locis motuum earum, experimenti ratione conceptorum. Norimbergae 1537. Cap. L. fol. 77 a. „Diameter quoque Veneris ad diametrum Solis in sua media longitudine existentis ab iisdem sapientibus relatione habita, decimam diametri Solis partem invenire.“ Albategnius, auch Albatani, od. Albettanius, od. Alcharani, od. Albatheni, od. Aracensis, od. Aractensis, eigentlich Muhamed ben Geber, machte unter dem Khalifen el Muatamid ala Allah Abul Abbas Achmed in den Jahren 870 bis 892 seine Beobachtungen zu Racca.