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als ihr Mann ihr erklärte, die Reise sei ihm zu weit, obgleich es ihr nicht gleichgültig ist, von den Turteltauben sich vorprahlen zu lassen, wie schön es in Ägypten gewesen sei, und sich teilnehmend fragen zu lassen, ob die Kinder dieses Jahr so viel gekostet hätten, daß es zur Mittelmeerfahrt nicht mehr langte.

Wieder bimmelt die Kohlmeise ihr Glöckchen. Ein dicker Kauz, der eng an den Stamm einer Tanne gedrückt dasitzt und über den auffallenden Mangel an Mäusen in diesem Jahre nachdenkt, der mit seinen Erhebungen über den Reichtum an Nüssen in keinen Zusammenhang zu bringen ist, wackelt mit dem Kopfe unwillig hin und her, denn er weiß, entdeckt ihn der bunte Vogel, dann hat er eine Stunde lang die Gesellschaft am Halse und muß sich die gemeinsten Redensarten gefallen lassen.

Aber es wird ihm sehr schwer, still zu sitzen, und sobald es dämmert und die Menschen das Waldwirtshaus verlassen, da drängt es ihn, dumpf aufzuheulen und gellend loszulachen, daß den paar Mäusen, die der Winter am Leben gelassen hat, die kalte Angst über das Fell läuft.

Und als der Dickkopf zum dritten Male gerufen hat, da kommt lautlos ein zweiter Schatten näher, die Käuzin. Und nun jagen sich die beiden im dunklen Walde, knappen mit den Schnäbeln, kreischen und schreien, als zöge man ihnen jede Feder einzeln aus.

„Huh, wie schauerlich!“ ruft ein Mädchen, das am Arme ihres Auserkorenen nach Hause geht; dann lacht sie laut auf über einen Witz ihres Begleiters, und darauf singen beide ein Frühlingslied.

Die Käuzin aber sagt zu dem Kauz: „Nein, was diese Menschen doch für häßliche Stimmen haben! Das soll nun ein Frühlingslied sein! Dummes Volk!“

Und der Kauz fühlt sich geschmeichelt und singt dem kommenden Vorfrühling ein Lied nach Eulenart.

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)