Seite:Lottich Volksleben Schluechtern.djvu/5

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verletzen ist nicht, wie jenseits des Kinzigthals, in des Landes Sitte und Gewohnheit übergegangen. Sobald die Weidezeit vorüber und mit ihr die Obacht, war auch die Sicherheit vorüber. Da blieb keine Thüre, keine Raufe, keine Schalle, kein Kloben, kein Nagel, geschweige denn ein Schloß oder ein allenfallsiger Rest von Heu oder Stroh.


(Oberkalbach.) Die Alten hier haben eine besondere Verehrung (!) für die Spinnen. Im Schwedenkriege waren die Leute alle auf der Flucht. Theils hielten sie sich in den Hecken am Schwarzenberg versteckt, theils in den damals fast undurchdringlichen Dornhecken am s. g. Jägerhaus (wo jetzt Rodland und Neuaufgebaute). Die Schweden machten nieder was sie von den Bewohnern erreichen konnten. Im Hause, wo jetzt der Bürgermeister wohnt, lag ein Kind in der Wiege. Ein Schwede wollte es tödten, da es ihn aber so gar freundlich anlächelte, dauerte ihn doch der arme Wurm, und er nahm ein Kissen und warf es ihm über, wahrscheins damit es so den Augen seiner Spießgesellen entzogen würde. Gleich darauf kam ein anderer, der nicht so mitleidig war, der zog sein Schwert und durchspießte das Kissen mitsammt dem Kinde. So ging es da her! Sie machten ordentlich auf die Menschen Jagd. Auch um ihn zu tödten, verfolgten sie einen Knaben bis an die Dornhecken am Jägerhaus, mußten ihn aber aufgeben, weil sie irr wurden. Sie meinten, wo so viele und dichte Spinngewebe hingen, könne unmöglich Jemand eingegangen sein. Kaum war nämlich der Knabe in die Dornhecken geschlüpft, so waren auch die Spenn (Spinnen) gekommen, offenbar auf Eingebung unsers Herrgotts, und hatten ihre Gewebe an die Dörner gesponnen. Daher die Verehrung der alten Oberkalbacher Leute für diese kleinen Thiere, die anderswo so gescheut und nur mit Ekel angesehen werden.