Seite:Ludwig Bechstein - Thüringer Sagenbuch - Erster Band.pdf/102

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

den Namen noch immer trägt, kamen einst zwei Seejungfern zum Tanze, weilten zu lange, und wurden dann zum Opfer ihrer überseeischen Freude, denn nachdem sie zu spät in den See zurückgekehrt waren, färbte sich derselbe blutroth. Wenige Schritte vom Salzunger See ist noch ein tiefes Wasserloch befindlich, das früher viel größer war, und für unergründlich galt. Dasselbe heißt die Teufelskutte. Dort hinein fuhr häufig der fliegende Drache, wahrscheinlich um ein abkühlendes Bad zu nehmen. Eine Strecke weiter aufwärts nach Barchfeld zu liegt der Erlensee mitten in den Thalwiesen des Werragrundes, ein Tummelplatz hüpfender Irrlichter und geistender Feuermänner; in ihm badet sich die weiße Jungfrau, die von dem Trümmerberge der Burg Frankenstein herabwandelt, aber nur alle 7 Jahre erscheinen soll. Südwärts von Salzungen nach Wildprechtrode zu liegt der Buchen-oder Büchensee, ein gefüllter Wasserkrater ohne Zufluß und ohne Abfluß, an dessen Stelle stand einst ein stattliches Schloß. Zu diesem Schlosse kamen in stürmischer Gewitternacht zwei Wanderer, die baten flehendlich um Obdach und um Trank und Speise, allein obgleich es hoch herging im Schlosse, und alle Fenster erleuchtet waren, so wurde dennoch den Wanderern nicht aufgethan, sondern man wieß sie mit rauhen Worten ab. Im Schlosse wohnten drei junge Fräulein, die waren mild und gut, aber sie vermochten nichts gegen die Härte des Burgherrn, und baten ihn vergebens um Einlaß der Armen. Die Wanderer aber waren keine irdischen Menschen, sie waren Götter oder doch Zauberer und verwünschten das Schloß und da sank es in die Erde viel hundert Klaftern tief hinab mit Mann und Maus, und an seine Stelle trat der

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/102&oldid=- (Version vom 1.8.2018)