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dem Wode. Am Rheine fand sich ein Römerdenkstein mir der Aufschrift Dea Hludana. Welche andere Göttin, als unsere Hulda, könnte unter dieser Benennung verstanden sein? Als Spinnefrau und Spinnemutter belohnt Frau Holle nach thüringischem, voigtländischem und schwäbischem Volksglauben fleißige Spinnerinnen, hilft ihnen selbst ihr Gespinnst vollenden, straft aber unbarmherzig faule Mägde, die ihre Rocken nicht vor dem Festabend rein abspinnen, verwirrt und zerzaust ihnen Flachs und Haar. So lebte sie noch im Bewußtsein des deutschen Volkes zur Zeit der schönsten deutschen Kunstblüthe beim Abblühen des Mittelalters, so zeigt sie uns ein bedeutsames Holzschnittbild, als gebeugte Greisin mit einem voll aufgewickelten Spinnrocken, das Haupt von langem Lockenhaar umflattert, einsam im tiefen Walde, in einer Wetternacht, in welcher Flammen vor ihr niederschießen, und sie den Kreis des Sternenhimmels sammt dem Monde auf ihrem Nacken trägt. Um den Rocken sind eine Menge kleine Spindeln gesteckt, und eine derselben hält sie in der rechten Hand.

75.
Das wüthende Heer und der treue Eckhart.

Weitverbreitet ist die Sage vom wüthenden oder besser wütigen Heere und der wütigen oder wilden Jagd. Es knüpft an Wuotan, den altgermanischen Urgott, an, und von ihm entlieh es den Namen, wie nach ihm selbst das noch stets im Schwunge gehende Wort Wuth unverkennbar hindeutet, und von ihm abstammt. Das wüthende

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/127&oldid=- (Version vom 1.8.2018)