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Hermann im Kriege mit Heinrich dem Löwen gen Goslar gesendet, und im freien Felde gegen den Herzog von Braunschweig zu streiten gekommen war, von nur wenigen Mannen umgeben. Da hatte Landgraf Ludwig, nahe daran, von der Ueberzahl und Uebermacht seiner Gegner bewältigt und gefangen zu werden, Gott und St. Georg eine Kirche zu erbauen gelobt, und es war ihm wunderbarlich geholfen worden. So mild Landgraf Ludwig III. war, so tapfer war er zugleich, darum nahm er auch gerne, dem Aufrufe des Kaisers Friedrich Barbarossa gehorsam, das Kreuz mit vielen andern Fürsten, Grafen, Rittern und Herren, um in einem Zuge gegen Palästina des Heilandes Grab aus Heidenhänden zu befreien. Da geschahe es, daß das Panier St. Georgs, des heiligen Märtyrers und Drachentödters, sich vom Himmel herab auf die Wartburg senkte, das nun freudig der Landgraf als ein Siegeszeichen ergriff, und unter dem er mit den Seinen kämpfte und siegte. Aber auf der Rückreise erkrankte der Landgraf und starb in Otranto auf der Insel Cypern, und trauernd brachten die Seinen seine irdische Hülle und das heilige Panier zurück. Die Reste des Landgrafen fanden in Reinhardsbrunn ihre irdische Ruhestätte, St. Georgs Panier aber wurde auf Schloß Wartburg aufbewahrt, nach langer Zeit aber auf Schloß Tharand gebracht, niemand weiß, weshalb und durch Wen? Später ging Schloß Tharand in Flammen auf, und da hat man gesehen, wie St. Georgs Panier sich aus den Flammen erhob und zum Himmel flog. Wie St. Georgs Panier ausgesehen habe, ist noch zu gewahren auf dem größten und ältesten Siegelstock der Stadt Eisenach, darauf der ritterliche Heilige steht, das Panier in der

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/159&oldid=- (Version vom 1.8.2018)