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vor der Gemahlin und beschämt, und als später die Mißgünstigen aufs neue Klagen erhoben über die allzugroßen Spenden der Frau Landgräfin, so sprach er: Lasset sie nur immerhin Almosen austheilen, da sie daran ihre Freude hat, wenn sie Uns nur nicht die Wartburg, Eisenach und die Neuenburg hinschenkt. – Oft war es auch, als wenn in Elisabeths Hand die Gaben sich verdoppelten und an ihren Gewanden kein Zergang sei. Auch der Kranken pflegte Elisabeth mit besondrer Sorgfalt, bediente sie häufig selbst, scheute nicht zurück vor ekelm Aussehen, kannte keine Furcht vor Ansteckung, ward auch von letzterer nie befallen.

In einer kleinen Felshöhle nahe der Wartburg lebte ein armer Einsiedel, des Namens Eli, der erkrankte und schleppte sich krank auf die Burg hinauf, und Elisabeth wollte seiner absonderlich warten und pflegen. Aber der Landgraf war nicht daheim, und niemand wollte dem kranken Alten eine Stätte einräumen, und die helfende Hand bieten, ihn zu betten. Da nahm Frau Elisabeth ihn mit in die eigenen Gemächer, die sie selbst bewohnte, und wusch und pflegte den Alten säuberlich, und bereitete ihm ein Bad, und nach dem Bade legte sie ihn in ihr eigenes Bette. Darüber wurde Frau Sophia, die Schwiegermutter, über alle Maßen ungehalten, und zürnte laut, und sagte, daß dieses zu weit gehe und konnte sich nicht beruhigen. Und indem so kehrte unverhofft ihr Sohn zurück, und die Mutter eilte ihm entgegen, und verkündete ihm spottweise, welch raren Schatz sein Ehegespons Zeit seiner Abwesenheit sich gewonnen, Eli, den alten Betbruder, habe sie aufgenommen und gepflegt und in ihr und sein Bette gelegt. Er werde das am eigenen Leibe lange spüren.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/180&oldid=- (Version vom 1.8.2018)