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nicht versöhne. Da wurde der Landgraf zu Thränen gerührt und versprach, alles zu thun, was für Recht und Billigkeit erachtet werde. Elisabeth begehrte auch in keiner Weise zu herrschen über Städte und Burgen, Land und Leute, nur die Herausgabe ihrer Mitgift und das ihr von ihrem seligen Herrn verschriebene Witthum beanspruchte sie, und das ward ihr auch gewährt und sie erhielt Marburg als ihr Witthum und ihren Wohnsitz, auch wurden die Rechte und Ansprüche ihrer Kinder gesichert. Zu Marburg, wohin nun nach einiger Zeit die verwittwete Landgräfin zog, lebte ein Geistlicher, des Namens Konrad, insgemein Konrad von Marburg genannt, der war der Beichtiger Elisabeths, war sehr gelehrt, sehr sittenreinen Wandels, aber dabei von äußerster Strenge in Bezug auf kirchliche Zucht, Bußübungen und Kasteiungen, der gewann über die fromme Elisabeth gar große Gewalt.

100.
Von Elisabeths Tod und Heiligsprechung.

Schon als Landgräfin hatte Elisabeth den strengen Prediger und Ketzerrichter Konrad von Marburg zu ihrem Beichtiger erwählt, weil ihr Gemahl denselben mit einem großen Vertrauen beehrte, und ihm die Besetzung aller geistlichen Stellen, wie die Vergebung kirchlicher Lehen übertragen. Sie gelobte ihm feierlich im Sanct Katharinenkloster zu Eisenach Gehorsam an, demüthigte sich vor ihm, geiselte sich auf sein Verlangen, und übte alle die guten Werke, welche der Glaube zur Erlangung der Seligkeit vorzeichnete, oft mit grausamer Strenge gegen sich selbst,

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/190&oldid=- (Version vom 1.8.2018)