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Auch dort wurde sie vom Abte gar ehrerbietig empfangen und dieser ließ sie bis nach Frankfurt geleiten, wo sie wieder die beste Aufnahme fand, und in einem Jungfrauenkloster ein schirmendes Asyl. Aber was sie erfahren und erduldet, und was ihre Seele gelitten, das nagte ihr am Herzen und sie überlebte nicht lange den Tag ihrer Flucht und wurde zu Frankfurt begraben.

105.
Von Friedrich mit der gebissenen Wange.

Nach der Nacht, in welcher Fürstin Margaretha von der Wartburg entkommen war, hoffte der Landgraf, daß früh genug Zetergeschrei ob des Todes der Herrin durch das Schloß gellen werde, es blieb aber alles still, zu seiner großen Verwunderung. Da sandte er nach dem Eseltreiber, aber die Boten kamen zurück und meldeten, derselbe sei nicht zu finden. Nun ging der Landgraf in die Zimmer seiner Gemahlin, deren Kammermägde zu befragen, ob die Herrin aufgestanden – aber es war keine beihanden. Und so fand er auch Margarethe nicht mehr, und endlich dämmerte ihm eine Ahnung und fiel ihm schwer aufs Herz, obwohl er innerlich froh sein mußte, ohne eine blutige That der nicht mehr geliebten Gemahlin ledig zu gehen. Er bot auch nicht viele Mittel auf, sie verfolgen zu lassen, wol aber sandte er reitende Eilboten an seinen Vater und seinen Bruder, ihnen Margarethens Flucht kund zu thun, und da verließ Diezmann alsbald sein Schloß Landsberg im Osterland, kam auf die Wartburg, und mußte einen schändlichen Lug hören, den Albrecht ersann, indem er

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/206&oldid=- (Version vom 1.8.2018)