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sagte, Margarethe sei mit einem Buben auf und davon, mit dem sie in unehrbarer Vertraulichkeit gestanden habe. Diezmann durchschaute gleichwol das Verhältniß ganz klar, und bat, Albrecht möge ihm Margarethens Kinder anvertrauen, so werde er um so weniger an sie erinnert werden. Das war Albrecht ganz willkommen und ließ es gern geschehen. Den ältesten Sohn nahm sein Vater, Heinrich der Erlauchte zu sich, und die beiden jüngern Diezmann, welcher sich nicht lange zuvor erst mit Helene von Brandenburg vermählt hatte. Landgraf Albrecht aber bekam einen Sohn von Kunne, seiner Kebse, mit der er sich nun förmlich ehelich verband, dieser Sohn hieß Apiz, und der Vater hatte sondre Neigung, dermaleinst diesem und nicht seinen drei älteren Söhnen das reiche Erbe zu hinterlassen, über das er herrschte. Mittlerweile wuchsen seine Söhne heran, und es begannen Zwiespalte zwischen ihnen und ihrem Vater, die um sich griffen wie ein fressendes Geschwür, und aufs neue das Thüringerland, das schon im Erbfolgekriege genugsam gelitten hatte, in Unglück und Verderben stürzten. Im Anfange war das Glück mit Albrechts Waffen. Seinen ältesten Sohn, Heinrich, dem Heinrich der Erlauchte die Verwaltung des Pleisner Landes und dessen Einkünfte übergeben hatte, verjagte Albrecht, daß er flüchtig umherirrte, und den Spottnamen „Heinrich ohne Land“ mit sich herumtragen mußte. Friedrich der Gebissene wurde seines Vaters Gefangener, und mußte über Jahr und Tag in einem Hungerthurme auf der Wartburg sitzen, bis ihn seine Freunde heimlich und mit List befreiten. Jahrelang setzten sich die Kämpfe heftig fort, und Friedrich nahm, nachdem sein Großvater und sein Oheim gestorben waren, Besitz von den Landen und war überall

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/207&oldid=- (Version vom 1.8.2018)