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gefegt und gesäubert, daß von ihnen nur noch der Name der Jüdengasse, des Jüdenthores und des Jüdenberges übrig sind. Die damals aus Coburg getriebenen Juden sollen den Waldort Judenbach angebaut und bevölkert haben.


9.
Das Nönnelein.

Bösen buhlerischen Liebeszauber verübte auch zu Coburg ein wälscher Umfahrer, des Namens Hieronymus Scottus, der in den Landen, durch die er kam, allerlei Künste und Gaukelspielereien trieb, gegen die Gemahlin des Herzogs Johann Casimir zu Sachsen, Anna, geborne Kurprinzessin zu Sachsen, mißbrauchte ihr Vertrauen und verstrickte sie in ein Liebesnetz mit einem Baron Lichtenstein, das ihr zum Verderben gereichte. Herzogin Anna wurde verhaftet und mußte ihr junges vorher so blühendes und liebeglühendes Leben in verschiedenen Kerkern vertrauern. Endlich starb sie und wurde im Kloster Sonnenfeld bei Coburg begraben, schon vorher aber hatte Herzog Johann Casimir sich wieder vermählt, und eine Spottmünze prägen lassen, deren Avers ein zärtliches Paar, der Revers aber eine Nonne mit Brevier und Rosenkranz zeigt; um das Paar läuft die Schrift: Wie küssen sich die Zwei so fein. um die Nonne: Wer küst mich armes Nünnelein?

Auch der Grabstein bildete die unglückliche Herzogin in Nonnentracht ab – aber bald nach ihrer Beisetzung verbreitete sich das Gerücht, daß ihr Geist im Grabe keine Ruhe finde, sondern spukend umwandle. Vornehmlich soll

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)