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und Tag und schier fürs halbe Land. Da trauete der Abt kaum seinen Augen, erhob seine Hände betend und lobpreisend, und sprach zu dem Backmeister: Bruder, Du solltest des Klosters Abt sein, denn Dein Glaube ist mächtiger, wie der meine. Walte im Segen Deines Doppelamtes! –

147.
Der steinerne Kopf.

Das Waldstädtchen Friedrichrode nahe bei Reinhardsbrunn und dicht unter der Schauenburg, berühmt durch sein herrliches Wasser, durch seine Leinwandbleichereien und seine Sommerfrischen, ist ziemlich alt. Zwei Brüder, Friedrich und Ernst, welche den Boden dieser waldigen Gegend zuerst gerodet, sollen die ersten Urheber von Friedrichrode und Ernstrode gewesen sein. Der erste Ort hatte früher vielleicht mehr als jetzt von der Spottsucht seiner Nachbarn zu leiden. Letztere dichteten auf Friedrichrode ein arges garstiges Spottlied – das hin und her auch auf Brotterode, Orlamünde und andere kleine Berg- und Landstädtlein gesungen wird. Wer es hören will, mag in Friedrichrode danach fragen, und frage daselbst insonderheit nach dem letzten Vers, der wird ihn traun erbauen.

Am Stadtthore zu Friedrichrode ist oder war ein steinerner Mannskopf eingemauert, mit weit aufgesperrtem Munde. Davon erzählen die neckelustigen Spötter: Einst kam ein fremdländischer Wanderer weit her gereist, sah Friedrichrode vor sich liegen und begegnete einem Friedrichroder Manne; den fragte er alsbald: Guter Freund! Was

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/290&oldid=- (Version vom 1.8.2018)