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henken sehen wollten, weil dieser „für sie und ihre Kinder und Kindeskinder“ sei, und ihm ein Stück Geld gaben, sich dafür henken zu lassen, wo er wollte, war gar nicht so unweise gedacht, und ist solches kluge Mittel Anno Achtundvierzig in manchem Staate probatum befunden worden. Bei einem solchen „fort mit Schaden!“ liegt der Nutzen auf der Hand. Daß die Wasunger sich auf Quarkkäse setzten, in der Meinung, es seien Eier arabischer Pferde, und dergleichen ausbrüten wollten, dürfte wohl auch anderwärts in alter und neuer deutscher Geschichte ein vielfach wiederholendes Echo finden, selbst wenn jene Eier nur einfache Eselseier, wie eine Variante dieser Sage will, hätten sein sollen. An dem Römhilder Aalfang (s. Sage 35.) erinnert die Jagd der Wasunger auf den in der übergetretenen Werra daher geschwommenen braunen Hirsch, nach dem weidlich geschossen und gefangen wurde; als man endlich den Hirsch, der seine vier Beine kerzengerade gen Himmel streckte, am Ufer hatte, war’s ein – alter Waschtisch. So auch jene Jagd, als ein Wasunger in der Dämmerung auf dem Wege ein schwarzes, unheimliches, kugeliges Ungethüm liegen sah, heim eilte, die Wehr zusammenrief, und nun die Mannschaft auszog mit Laternen, Spießen, Heugabeln, Stangen und Stöcken, auch Musquetonen und Luntenbüchsen, um das Gethüm zu bewältigen, das so groß sein sollte, wie ein Wagenrad, und stachlig, wie ein Igel, und Zähne haben, wie ein Hecht, und Glotzen, wie Karfunkel. Nach dem ersten Schuß platzte zersprützend das Ungethüm und die Mannschaft schrie frohlockend: Sett all daher! Jetzt hats den Gift fahren gelassen! – und nun drauf. Bei Licht besehen war aber das Ungethüm gar nicht so groß wie ein Wagenrad, sondern nur so groß

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/92&oldid=- (Version vom 1.8.2018)