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Wirth, mein lieber Herr Maler, es sind nun funfzig Jahre her, da kehrten hier in diesem Hause einmal zwei Studenten ein, die geriethen, Gott weiß über was, mit einander im Streit, duellirten sich, ohne daß es Jemand hörte, und am andern Morgen fand man beide tod, in ihrem Blute schwimmend. Jedes Jahr in derselben Nacht erneuen sie diesen Kampf, mancher Gast hat’s schon gehört, doch haben sie keinem was zu Leid gethan, denn sie haben blos mit sich zu thun. Heute werden es – richtig, heute sind es gerade 50 Jahre, daß dieses sich zugetragen hat. So erzählte der Wirth, wer aber fortging und in diesem Wirthshaus nie wieder einkehrte, das war jener Maler.




263.
Das rächende Apostelbild.

In Ebersgrün bei Pausa standen oder stehen noch oben im Glockenthurm, wo man zu läuten pflegt, in einem düstern Behälter, die früher aus der Kirche genommenen zwölf Apostel in Holz geschnitzt. Da geschah es an einem Sonntage, daß ein kecker Bauernbursche dem Küster beim läuten behülflich war, indem er die Glockenstränge ziehen half. Da nun von einemmale läuten bis zum andern gewartet wurde, so weckte der Müssiggang in dem Burschen den Vorwitz, und er entblödete sich nicht, dem einen der Apostel, der den heiligen Petrus vorstellte, an den Bart zu greifen und zu fragen: Nun Peterle, wie lange wollt Ihr so müssig da stehen, und was schaut Ihr so finster drein? Und wie der Bursche das sagte, gab er aus frevlem Uebermuth dem Apostelbild einen Backenstreich.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/135&oldid=- (Version vom 1.8.2018)