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sein Bette mit Ungestüm durch enge Thalrinnen wühlte. Man nennt jenen Felsen den Todenfels, und die Sage kündet, daß in den Heidenzeiten von ihm die dem Tode geweihten Verbrecher in die Stromtiefe hinabgestürzt worden seien.

So soll auch das Dorf Plothen unterhalb Schleiz und der dort fließende Bach eigentlich Bluten und Blutenbach früher geheißen haben, weil dort eine heidnische Opferstätte gewesen, und das Blut der Geopferten in den Bach geflossen wäre, so daß seine Farbe ganz roth geworden. Zudem heißt ein in der Nähe liegendes Thal das Mordthal, in welchem eine Druden- oder Druidenschlacht stattgefunden haben soll. – Zwischen den Dörfern Plothen und Linden liegt ein Hillen- oder Hollenteich. Die Leute sagen: unter dieses Teiches schwarzem Gewässer ruhe ein versunkenes Dorf, und Niemand geht gern zur Nachtzeit dort vorüber.




272.
Das Männel aus dem Ranzen.

Ein Bauer aus Borstendorf kehrte von einem Geschäftsgang nach Hause, da lag ein guter neuer Ranzen auf dem Wege, und erfreut über den schönen Fund hob er ihn auf und trug ihn nach Hause. Der Ranzen schien leer zu sein, obschon er zugeschnürt war, und so öffnete der Mann ihn erst zu Hause. Aber siehe, da regte sichs mit einemmale drin und es kroch ein kleines graues Männel heraus, das sprang auf die Höllenmauer, und zog den Leuten, die es anstaunten, scheußliche und entsetzliche

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/143&oldid=- (Version vom 1.8.2018)