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297.
Die beleidigte Wassernixe.

Oftmals kam die im Gräfenteiche wohnende Wassernixe nach Pößneck und zwar vornehmlich in das Haus eines Fleischers um sich Fleisch zu holen. Sie unterschied sich von andern Menschen dadurch, daß ihr langes Kleid immer von dem untern Saume an naß war bis an die Kniee und durch lange grüne Haare. Dem Fleischer graute vor dem unheimlichen Wesen, und in einem Anfalle böser Laune hackte er mit seinem Beile einstmals zu kurz und damit der Wassernixe ein Stück Finger ab. Rache drohend entfernte sich die Verwundete, und als der Fleischer wieder an dem Gräfenteiche vorüberging, rauschte sie herauf, ergriff ihn, und zog ihn hinunter in das Wasser.




298.
Gevatterin Kröte.

Am Teiche bei Schlettwein saß eine Kröte, die dicker als lang war. Ein Mädchen kam des Weges daher, schaute sie verwundert an, und sprach schnippisch zu ihr im Vorübergehen: „Bei dir möchte ich Gevatter werden. Einige Tage darauf erhält die Vorwitzige von der Kröte wirklich einen Gevatterbrief mit der Ladung, daß sie sich des morgenden Tages an der bewußten Stelle dort am Teiche einfinden solle. Da war nun guter Rath theuer. Erschrocken läuft sie zu ihrem Beichtvater, erzählt ihm, was vorgefallen sei und fragt, was sie zu thun habe? Der meint, was sie eingebrockt habe, müsse sie nun auch

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/166&oldid=- (Version vom 1.8.2018)