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nun war jene Gegend die Heimchen sammt ihrer Königin los, aber auch ihrer Hülfe und ihres Segens, die Fluren verödeten, und die Dörfer Cosdorf und Rödern, wo jene vornehmlich gehaust, wurden im Kriege zerstört und ganz zu Wüstungen, so daß man deren Stätte nicht mehr weiß. Die Stromgelände sind düster und unfruchtbar, und über dem ganzen Gebiet lagert eine gewisse unaussprechliche Schwermuth. Eigen ist es, daß eine ganz ähnliche Sage von der Perchthen-Ueberfahrt über die Saale auch weiter unten bei Causdorf erzählt wird, nicht minder über die Elster bei Cöstritz ohnweit Gera.




321.
Die goldene Wiege.

Eine Wilhelmsdorfer Bauernfrau ging in’s Holzlesen auf den Hungersberg. Als sie bei ihrer Arbeit war, hörte sie was wimmern, und fand, wie sie der Stimme nach ging, tief im Walde ein niedlich Kindlein, das weinte und lag in einer Baumrinde. Die Bäuerin hatte selbst daheim einen Säugling, und so erbarmte sie sich des Hilflosen, dachte, seine Mutter werde sich auch im Walde befinden, oder vielleicht weit weggegangen sein, und reichte dem kleinen zarten Schreier die Brust. Es war aber eines Waldweibleins Kind, und plötzlich kam dieses und freute sich gar sehr über die gutthätige Bäuerin. Als es sein gesättigtes Kindlein wieder in Empfang genommen hatte, reichte es der Bauernfrau die Wiege des Kindes als eine Belohnung dar, diese lächelte aber und sagte, sie habe Holz genug gelesen, bedürfe der geringen

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/191&oldid=- (Version vom 1.8.2018)