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warf ihn vom Pfluge. Flugs lagen beide Stücke wieder darauf. Da nahm er sie, und warf sie so weit von sich, als er sie nur wegzuschleudern vermochte, und da drang aus der Felswand ein zorniger Aufschrei. Grauen erfaßte den Pflüger; er kam matt und müde heim, legte sich hin, bekam ein Fieber und starb.




325.
Das verwünschte Bergwerk.

Zu Wilhelmsdorf wurde in alten Zeiten lebhafter Bergbau mit vielem Glücke betrieben. Ein junger Bergmann wollte eines Morgens auf die Grube gehn. Noch hast Du Zeit – jammerte seine an heftigen Gichtschmerzen darnieder liegende alte Mutter – trage mich erst noch in den Garten und lege mich dort in die Sonne, daß ich mich noch einmal letze an der schönen Gotteswelt. Der fromme Sohn nahm die Mutter auf seine Arme, machte ihr ein Lager in dem Garten zurecht, und kam darüber etwas zu spät bei der Grube an. Heftig setzte deshalb der Steiger den späten Ankömmling zur Rede. Der junge Bergmann vertheidigte sich in dem Gefühle, seine Kindespflicht erfüllt zu haben, die Gemüther erhitzten sich und im Wortwechsel stieß der Steiger den Bergmann hinunter in den tiefen Schacht. Zerschmettert und tod wurde er herausgetragen. Die Kunde von der Frevelthat kam zu des Jünglings Mutter. Sie sprang auf, fühlte keine Schmerzen mehr und trat in den Kreis der trauernd um die Leiche versammelten Bergleute. Dort ergriff sie eine Bürste, die zufällig da lag, und schleuderte sie hinunter

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/195&oldid=- (Version vom 1.8.2018)