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in die Tiefe des Bergwerkes unter der Verwünschung: So viele Jahre, als Borsten in dieser Bürste sind, soll das Bergwerk rings umher für Menschenhände sich verschließen! – und stürzte entseelt an ihres Sohnes Seite nieder. Der Fluch ging alsbald in Erfüllung. Wilde Wasser fielen ein und ersäuften die Schachte. Die Bergleute mußten sich in andere Gegenden wenden. Die Gruben sind noch vorhanden, das Erz findet sich noch, doch niemand wagt den Bergbau von Neuem zu beginnen, denn noch nicht die Hälfte der Jahre soll verflossen sein, welche die Bürste in der Tiefe fordert.

Unter andern Umständen soll das Goldbergwerk zu Reichmannsdorf mit einem Nösel Mohn verwünscht worden sein.




326.
Der Otterkönig.

An der Saale, in der Nähe des sogenannten Kessels unter Wilhelmsdorf, ließ sich in den ältesten Zeiten, und läßt sich zuweilen noch in unsern Tagen eine Otter sehen, welche eine kleine goldene Krone auf ihrem Köpfchen trägt. Schon manchem Bewohner der Umgegend hat es nach dieser Krone gelüstet, doch sie zu erlangen ist keine gar leichte Sache. Man muß zuvörderst ein weißes, reinliches Tuch bei der Hand haben, dieses Tuch wird, wenn man auf den Otterkönig trifft, vor demselben auf den Erdboden ausgebreitet, und das Begehr nach seiner Krone ausgesprochen. Kaum geschehen, so muß der Beschwörer schleunigst entfliehen. Der erzürnte Otterkönig verfolgt ihn aufs heftigste, und es kostet ihm das Leben, wenn er

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/196&oldid=- (Version vom 1.8.2018)