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163.
Der verschüttete Bergmann.

Auch um Benshausen gab es in früheren Zeiten ziemlich schwunghaften Bergbaubetrieb, und wohnten im Orte selbst auch Bergleute. Ein Bergmann hatte sich vorgenommen, am Sonntage zum heiligen Abendmahl zu gehen, und ging daher am Sonnabende vor diesem Sonntage zur Beichte. Nun ist freilich Regel, besonders auf dem Lande, nach Beichte und Absolution keinerlei Werkeltagsgeschäfte mehr vorzunehmen, um sich nicht dadurch von frommen Gedanken ablenken zu lassen, aber der Bergmann war sehr arm, und mochte den geringen Lohn eines Nachmittags nicht einbüßen, dachte, dem lieben Herrgott dürfe am Ende redlicher Fleiß wohlgefälliger sein, als müssiggängerisches Hände in den Schooß legen, ging daher wieder vor Ort an sein Tagewerk, und wollte noch schaffen bis zum Feierabend. Aber kaum war er hinab in den Schacht, so verschüttete sich die Grube, und zwar in solcher Weise, daß gar niemand wußte, wo sie zu Tage gegangen war. – Hundert Jahre darauf wurde auf demselben Grundstück gemuthet und bergmännisch eingeschlagen, da stießen in der Teufe die arbeitenden Knappen auf alte verfallene Stollen, und fanden in einem solchen einen Bergmann sitzen, welcher zu schlafen schien. Alle entsetzten sich und glaubten einen Berggeist zu sehen, im Berghabit, mit langem eisgrauem Barte, doch überzeugten sie sich endlich, daß der Schlafende kein Geist war, denn er erwachte allmählig aus seinem Schlummer, und fragte: „Hat es etwa schon zusammengeschlagen? und schien erschrocken, sich noch vor Ort zu finden. Ich habe nächten gebeichtet, und will heute

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/23&oldid=- (Version vom 1.8.2018)