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welchem noch viele gute alte Jahresläufte lagern, und wandelt mit einem Schlüsselbunde umher, und begabt, gleich andern solchen wandelnden Jungfrauen, Musikanten, oder junge Mädchen, die sich in ihrer Einfalt nach Wein hinauf in die öde Trümmer schicken lassen müssen, wie sie einst einer etwas blöden Bauerntochter that, die ihr Vater dorthin entsandte, weil sie in ihrer Unklugheit sagte, sie wisse den Keller. Sie ging und kam zurück und brachte richtig Wein, der schmeckte trefflich und schmeckte nach mehr, und des Bauers Zechgäste hellerten zusammen, daß sie noch einmal gehe. Das Burgfräulein gab der unklugen Maid noch einmal Wein, aber es sagte ihr auch, sie solle nie wagen, wieder zu kommen, der Kuh nütze nicht Muskate, und den Bauerngurgeln gehöre nicht solcher Wein.




374.
Die Silberschaumquelle.

In einer Wüstung bei Heilingen hüthete einst ein junger Schaafhirte, und sahe mit staunen, wie sich vor ihm die Erde aufthat, und aus einer Oeffnung ein weißer Schaum ausquoll, wie Reif, und rings um die Oeffnung sich anlegte. Der Knabe sahe dieser Erscheinung lange zu, wußte aber nicht, was er aus derselben machen sollte, und traute sich auch nicht, den Schaum anzufassen. Höchstens störte er mit einem Stöckchen daran herum. Endlich kam der Abend und der Knabe trieb heim, und erzählte dem Schaafmeister, was er gesehen, zeigte ihm auch das weiße Zeug, das noch immer am Stöckchen fest hing. Es war eitel gediegenes Silber, und der Schaafmeister sprach zu ihm: Schaafe hüthest Du und ein Ochse bist Du!

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/239&oldid=- (Version vom 1.8.2018)