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Tage Eibenzweige von des Berges wundersamen Felsenkammern herabzuholen.

Noch geht eine andere Sage, die im historischen Grund und Boden wurzelt, von den Kammerlöchern. Als zur Zeit des dreissigjährigen Krieges das Schwedenvolk auch in diesen Gegenden so grausam und verderblich hauste, wie der ärgste Feind, da flüchteten die Bewohner Angelrodas mit ihrem Vieh und ihrer sonstigen Habe in die Kammerlöcher, und diese wurden mit dem dichten Walde, der damals die Felsenklüfte umgab, ihnen zum schützenden Asyle, bis die feindlichen Freunde, welche zum Schutz des Protestantismus herbeigerufen waren, und die Protestanten auf das Aergste mißhandelten, das stille Thal der Gera verlassen hatten.




418.
Der Hirsch in den Kammerlöchern.

Die Sage geht, daß zu Zeiten in den Kammerlöchern oder Felsenkammern über Angelrode sich ein schneeweißer Hirsch mit goldenem Geweihe blicken lasse, jedoch nur von Sonntagskindern und auch nur von unbefleckten. Einem solchen ist Macht gegeben, den Hirsch zu fangen, und ihn in die Tiefe der größten Felsschlucht zu führen, dort schlägt der Hirsch mit dem Goldgeweih an das Gestein, das Geweih fällt ab, dem Glücklichen zum Lohne und zugleich öffnet sich ein Gang in das Bergesinnere, darinnen sich nun eine Kammer nach der andern zeigt, alle voll Gold und Silber, Perlen und Edelsteine. Da mag der Erwählte dann getrost zufassen und davon tragen, so viel er kann. Dem Hirsch aber wächst, wie andern Hirschen,

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/297&oldid=- (Version vom 1.8.2018)