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habe. Eine dritte Sage hat romantischere Färbung und klingt aus einer Zeit, zu welcher auch die rein gothische Arbeit des Sibyllenthürmchens nebst den daneben stehen den drei alten Steinkreuzen paßt.

Eine Gräfin von Kevernburg, Sibylla geheißen, hatte einen jungen mannhaften Ritter zum Bräutigam, den sie am anberaumten Vorabende ihrer Hochzeit mit Sehnsucht erwartete. Allein der Geliebte kam nicht; auf der Reise zu ihr war er nebst zwei Edelknappen von einer Schaar von Feinden oder von Räubern an jener Stelle unter der Cyriacsburg überfallen und beraubt worden. Alle drei wurden dort erschlagen und begraben, und die unglückliche Braut ließ dort auf jedes Grab ein Steinkreuz setzen und das Denkmal errichten, zu welchem später sich eine förmliche Wallfahrt erhob; die junge Gräfin selbst aber nahm in einem der Klöster Erfurts den Nonnenschleier und betete für das Seelenheil ihres ermordeten Bräutigams.




432.
Der eherne Wolfram.

Zu Erfurt im hohen Chore des Domes steht ein eherner Candelaber sehr alten Gusses, in Form einer Mannsgestalt, doch nur von Knabengröße. In jeder Hand hält diese Figur einen Leuchter mit einer Kirchenkerze, und manche halten dafür, dieß Erzbildniß stamme noch aus Heidenzeiten und habe mit dem Püstrich und dem Krodo-Altar gleiches Alter. Dem scheint jedoch nicht also zu sein, vielmehr geht über den metallenen Kerzenträger diese

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/316&oldid=- (Version vom 1.8.2018)